Sommerlicher Kunsthochschulreigen

Sommer in Dresden. Das ist etwas mehr als Filmnächte am Elbufer, Schaubuden- oder auch Palais Sommer. Mehr als Prüfungen und endlose Stunden in der SLUB. An der Hochschule für Bildende Künste Dresden markiert er nämlich eine Zäsur. Das aktuelle Hochschuljahr wird mit einem Ausstellungs- und Veranstaltungsreigen verabschiedet, Diplomand*innen werden in den rauen Künstler*innenalltag entlassen. 42 sind es im Jahrgang 2018.

Ihre Werke sind bis 9. September in Oktogon und einigen Ateliers auf der Brühlschen Terrasse zu sehen. Dabei geht es natürlich um die Diplomand*innen der Bildenden Kunst. Die Studienrichtungen Restaurierung, Bühnen- und Kostümbild, Theaterausstattung sowie der Aufbaustudiengang Kunsttherapie sind freilich am Hochschulstandort Güntzstraße angesiedelt und stehen gefühltermaßen allzu oft im Schatten der großen Bildenden. Dabei ist es wirklich spannend, was da eine Woche lang und noch bis 22. Juli als einer von drei Teilen der Jahresausstellung zu sehen ist. Und so war das dortige Sommerfest am 14. Juli auch gut besucht – vielleicht sogar rekordverdächtig, wie der Prodekan der Fakultät II, Prof. Ulrich Eißner, ebenda mutmaßte. Auch bei der Eröffnung der großen Diplomausstellung am Abend zuvor waren 1.500 Menschen an der Brühlschen Terrasse zu Gast.

In die Güntzstraße lockte nun unter anderem die Kostümschau, die überlebensgroße Masken zeigte, historisch anmutende Kleidungsstücke oder auch sehr futuristische Werke. Von Kommiliton*innen vorgeführt, war da Dirk Bach als Kartoffel zu sehen, riesige Insekten als Kopfbedeckung, Groot aus „Guardians of the Galaxy“ oder auch ein Kleid aus OP-Handschuhen. Ein Teil der Werke wurde schon im Frühjahr im Palais im Großen Garten gezeigt.

Besonders interessant war sicherlich die fast zweistündige Führung durch den Bereich Restaurierung. Lehrende zeigten die Möglichkeiten des Forschungslabors, das auch Analysen für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden übernimmt und nur drei ähnlich ausgestattete Konkurrenten in Deutschland kennt: in München, Berlin und Erfurt. In der Abteilung Wandmalerei empfinden Studierende Originale nach, um Werke von Grund auf zu verstehen. Das geht von der Materialkenntnis über die jeweilige Technik bis zur künstlerischen Ausführung. Denn nur wer ein Kunstwerk wirklich kennt, der kann es fachmännisch konservieren und restaurieren. Im obersten Stock des Hochschulgebäudes finden sich deshalb Kopien von Wandbildern aus der Stiftskirche St. Servatius in Quedlinburg neben Putzschnitten aus Radebeuler Villen.

Die Studierenden arbeiten dabei von Beginn an Originalen. Immer unter Aufsicht von Lehrenden und in Zusammenarbeit mit anderen Gewerken. Von Holzaltären des Bauernbarock über Goldleder aus Moritzburg bis zu „Porree“-Bildern von Cornelia Schleime ist alles dabei. Kommt es zur Diplomarbeit, müssen sie neben der Konservierung und gegebenenfalls Restaurierung auch ein Konzept erstellen, Arbeitszeit und veranschlagte Kosten inbegriffen. Auf dem freien Markt müssen sie das können.

Wie viel Wissen um die reale Kunstpraxis wohl die bildenden Künstler*innen haben? Ein Bild von ihrem Schaffen können sich Besucher*innen jedenfalls noch bis Anfang September machen. Ein recht großer Teil des Eindrucks bleibt dabei sicher subjektiv. Denn was bedeutet künstlerisches Können heute eigentlich? Die Beherrschung von gegenständlicher Zeichnung? Abstrakte Konzeptkunst? Oder performatives Verständnis? Die Ansprache des Einzelnen passiert meist auf einer persönlichen Ebene. Z. B. über ein Thema, das uns betrifft. Über eine Ästhetik, die uns anspricht. Oder über eine Stimmung, die uns eiskalt erwischt. Wer darüber mit den Künstler*innen diskutieren möchte: Immer mittwochs um 16.30 Uhr führen sie durch ihre Ausstellung.

Diplomausstellung bis 9. September, Di. bis So., 11 bis 18 Uhr, im Oktogon und angrenzenden Ateliers, Zugang über Georg-Treu-Platz; Eintritt fünf, ermäßigt 3,50 Euro. Zur Ausstellung ist ein Katalog sowie ein Stickeralbum erschienen. Meisterschülerausstellung im Senatssaal. Jahresausstellung der Fakultät II noch bis 22. Juli, täglich 11 bis 18 Uhr, in der Güntzstraße 34. Für die anderen Teile (z. B. Pfotenhauerstraße) muss man aufs nächste Jahr warten.

Text: Nadine Faust

Fotos: Amac Garbe

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