Campuskolumne

Ich drehe den pinken Blisterstreifen nachdenklich in den Händen. Die kleinen weißen Pastillen wirken so unschuldig und unscheinbar. An meinem Spiegel klebt ein kleiner lila Sticker, auf dem mit weißen Lettern „Heute schon an mich gedacht?“ steht. Maxim, Chloee und Illina sind ein fester Bestandteil meines Lebens. Sie gehören zu meiner Routine und es ist schwer, alte Gewohnheiten abzulegen.

Ich atmete tief durch. Meine Entscheidung steht fest: Marya, Yasmin und Mona müssen gehen. Ein Jahr ist das her und mir geht es gut damit.

Ich hatte in meiner ersten, ernsthaften Beziehung angefangen, die Pille zu nehmen, weil sie für mich die unkomplizierteste und einfachste Verhütungsmethode war. Dachte ich zumindest. Auch das Gespräch mit meiner Frauenärztin hatte mich von der kleinen „Wunderwaffe“ überzeugt. Schließlich war es ja auch nur ein leichtes Präparat, eine sogenannte Minipille, und viele meiner Freundinnen nahmen sie. Was hatte ich also zu befürchten?

Am Anfang funktionierte alles ziemlich gut. Ich nahm die Tabletten, holte mir alle drei Monate ein neues Rezept und hatte einen sehr regelmäßigen Zyklus. Allerdings stellten sich schon nach einem halben Jahr regelmäßige Kopfschmerzen und teilweise depressive Verstimmungen ein. Ich fühlte mich schlapp und kraftlos, fast schon ausgelaugt. Ich war zwar schon immer ein recht sensibler Mensch, doch nach und nach bemerkte ich, dass ich anfing, bei trivialen Gegebenheiten sehr emotional zu reagieren. Erst dachte ich, das liegt am Stress, da ich zu dieser Zeit gerade mitten in meiner Abiturphase steckte. Aber selbst, als es wieder etwas entspannter zuging, blieb mein wechselhafter Gemütszustand unverändert.

Ich beschloss, die Pille abzusetzen. Meine Großmutter und auch meine Mutter hatten mir dazu geraten, da sie in der Zeit, als sie das Verhütungsmittel eingenommen hatten, ähnliche Symptome an sich festgestellt hatten. Und siehe da, die Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. Ich fühlte mich lebendig.

Im Internet, unter anderem auf YouTube, findet man viele Mädchen und Frauen, die ihre Erfahrungen vor und nach der Pille mit der Welt teilen. Dabei beschreiben die meisten von ihnen die Zeit danach so, als würde man eine zweite Pubertät durchleben. Pickel, Haarausfall und Regelschmerzen, Stimmungsschwankungen und Ausbleiben der Monatsblutung. Ich kann natürlich nur von mir sprechen, muss aber sagen, dass ich außer ein paar Pickelchen nicht viel davon mitbekommen habe. Bei mir überwiegen eher die positiven Aspekte.

Wenn ich so über meine Entscheidung nachdenke, ist die einzige Frage, die ich mir stelle, folgende: Hätte ich mich genauso schnell für das Absetzen der Pille entschieden, wenn es diese Erfahrungen in meinem familiären Umfeld nicht gegeben hätte? Ich denke nicht. Denn um ehrlich zu sein, habe ich mich über mögliche Nebenwirkungen nur sehr flüchtig informiert. Natürlich hatte ich den Beipackzettel gelesen, von möglichen Stimmungsschwankungen und von dem Thromboserisiko gehört, aber das schien so unwahrscheinlich. Was mich am meisten von allem stört ist, dass von all den Symptomen, die ich selbst an meinem Körper erfahren habe, nicht die Rede war. Selbst im Beratungsgespräch mit meiner Ärztin nicht. Ich kann mir vorstellen, dass es vielen jungen Frauen so geht.

Die Pille wird von rund 47 Prozent der erwachsenen, sexuell aktiven Frauen und Männer in Deutschland als Verhütungsmittel genutzt, ergab eine aktuelle Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Mit einem Pearl-Index von 0,1-0,9 ist sie das sicherste Verhütungsmittel auf dem Markt, wohingegen das Kondom nur einen Pearl-Index von 2-12 hat. Dieser gibt die zuverlässige Wirksamkeit des Kontrazeptivums an. Allerdings ist dabei zu beachten, dass diese Werte nur gelten, wenn die Verhütungsmittel richtig angewendet werden. Dennoch werden selbst bei richtiger Anwendung der Pille etwa 1 bis 9 von 1.000 Frauen pro Jahr ungewollt schwanger.

Doch wie geht das? Dazu muss man die Wirkungsweise der Pille verstehen: Durch die Hormone, die dem Körper zugeführt werden, wird die Reifung der Eizellen gehemmt und die Gebärmutterschleimhaut so verändert, dass sich die Eizellen nicht einnisten könnten, selbst wenn sie befruchtet werden. Die Spermien können zudem nicht in die Gebärmutter eindringen, da sie vom gebildeten Schleimpfropf im Gebärmutterhals daran gehindert werden.

Man könnte auch einfach sagen, dass dem Körper eine Schwangerschaft „vorgegaukelt“ wird. Da jeder Körper ein wenig anders auf Medikamente reagiert, kann der Schutz demnach auch versagen. Viele meiner Single-Freundinnen nehmen die Pille unter anderem, weil sie freier und spontaner in ihrer Sexualität sind und ihren Zyklus gewissermaßen planen können. Wieder andere haben sie verschrieben bekommen, weil sie mit Akne oder starken Regelschmerzen zu kämpfen hatten. Was man aber nicht vergessen sollte: Die Pille schützt nicht vor Geschlechtskrankheiten.

In den Medien wird die Pille mittlerweile mehr und mehr verteufelt, weil die „künstlichen Hormone den weiblichen Körper durcheinander bringen“. Und ja, auch ich habe unschöne Erfahrungen mit ihr gemacht. Trotzdem ist es nicht so einfach, sich in dieser Debatte auf eine Seite zu stellen.

Einerseits kann die Einnahme der Pille positive Aspekte fördern und uns das Leben erleichtern. Allerdings darf man nicht vergessen, dass es immer noch Hormone sind, die wir uns künstlich zuführen. Demnach beinhaltet die Einnahme auch Risiken, über die uns besonders Ärzte mehr aufklären sollten.

Unser Körper ist keine Maschine, demnach reagiert auch jeder von uns anders auf den Einfluss verschiedener Medikamente. So auch auf die Pille. Manche Mädchen und Frauen kommen sehr gut mit der Verhütungsmethode zurecht und können sich ein Leben ohne Pille gar nicht mehr vorstellen. Andere hingegen haben negative Erfahrungen damit gemacht und wollen von der Pille nichts mehr wissen. Was für die eine funktioniert, kann für die andere die Hölle sein. Jeder Frau ist zu empfehlen, insofern sie Anzeichen für eine Folgeerkrankung durch die Pille erkennt, besser mit einem Arzt zu reden und vielleicht über das Absetzen nachzudenken. Zeichen wie Schmerzen in den Beinen oder Blutgerinnsel sollte man nicht ignorieren, denn so etwas Banales kann irreparable Schäden nach sich ziehen.

Dennoch bin ich der Meinung, dass jeder selbst entscheiden muss, mit welcher Methode er sich am besten fühlt. Wenn wir auf unseren Körper hören, wird er uns sagen, was richtig ist und was falsch.

Text: Paula Richter

Foto: Amac Garbe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert