Filmfest-Wochentipps

Nicht ganz eine Woche, aber sechs von früh bis spät mit Filmen vollgepackte Tage erwarten uns beim 31. FILMFEST DRESDEN. Viele, viele Filmfans aus dem Dunstkreis des Filmfest-Teams sowie eigens für 2019 ausgewählte Jurymitglieder und externe Kooperationspartner_innen haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten die Augen viereckig geschaut. Aus dem bunten Wirrwarr aus mehr als 2.000 Einreichungen sowie älteren Filmen galt es, Programme zu stricken, in die es letztlich 388 Kurzfilme geschafft haben. Neben Nationalem und Internationalem Wettbewerb, dem Kids- und Jugendprogramm sowie dem Open Air auf dem Neumarkt sind es die Sonderprogramme, Diskussionen, Workshops und Ausstellungen, die Lust auf das Filmfest machen. Mehr Infos zu den diesjährigen i-Tüpfelchen des Filmfestivals sind in den jeweiligen Tagestipps versteckt.

Filmfestdienstag, 9.4.

Die bekanntliche Qual der Wahl beginnt bereits am ersten Tag des Festivals, denn sowohl die feierliche Eröffnung in der Schauburg als auch das Open-Air-Programm auf dem Dresdner Neumarkt starten um 19 Uhr.

Wer auf das offizielle Zeremoniell mit häppchenweisem Vorgeschmack auf das Festival verzichten kann, der begebe sich gleich in die Altstadt! Ab Dienstagabend präsentiert das Filmfest 89 Produktionen aus 30 Ländern kostenfrei auf dem Neumarkt – zum 5. Mal in Folge und mit einem Publikumsrekord im vergangenen Jahr von 8.000 Filmfans, die es sich auf den Liegestühlen in historischer Kulisse gemütlich gemacht haben. Das Open Air startet mit dem Programm Shorts 9, dessen letzter Beitrag „Euforia“ von Natalia Pietsch sich um zwei Rassepudelbesitzerinnen dreht, die dank ihrer Hündchen Euphoria und Frodo in einem Strudel aus Haarschnitten, Pflege, Bädern und Wettbewerben gefangen sind.

Open-Air-Shorts 1-14 auf dem Neumarkt: Dienstag, 19 bis 22 Uhr, Mittwoch bis Sonntag, 12 bis 22 Uhr, Freitag, 12 bis 16 Uhr und 19 bis 22 Uhr

Kurzfilme für Kinder ab 8 Jahren und die ganze Familie auf dem Neumarkt: Samstag und Sonntag, jeweils 14 bis 17 Uhr

Filmfestmittwoch, 10.4.

Mittwoch ist Festivaltag, heißt: Alle Programme kosten je fünf Euro. Das solltet Ihr nutzen, um so viele Programme wie möglich zu schauen, zum Beispiel die nationalen wie internationalen Wettbewerbsbeiträge. Wer nichts vom Ausschlafen hält, kann damit sogar schon 10.30 Uhr in der Schauburg anfangen (Internationaler Wettbewerb 2). 12.30 Uhr kann direkt am selben Ort der Internationale Wettbewerb 3 angeschlossen werden. Mit dem Nationalen Wettbewerb 2 geht es 14.30 Uhr weiter. Es ist also durchaus Zeit, sich zwischendurch zu stärken. Wer immer noch nicht genug hat, bleibt in der Schauburg: 17 Uhr folgt der Nationale Wettbewerb 3, 19.30 Uhr schließt der Nationale Wettbewerb 4 an. Danach könnte man wieder einmal eine Pause einlegen, um den Festivaltag mit dem 22.30 Uhr startenden Internationalen Wettbewerb 6 ausklingen zu lassen.

Eine Übersicht über alle gezeigten Filme des Nationalen wie Internationalen Wettbewerbs findet Ihr im Festivalkatalog.

Filmfestdonnerstag, 11.4.

„Vaterlandsliebe“, so heißt einer der Filme, die im Schwerpunkt „Diskurs Europa 2: Das Zeitalter der Wut – Unheimliche Heimat“ (16 Uhr in der Schauburg) gezeigt werden. Der Schwerpunkt beschäftigt sich mit Invektivität, der sich auch der Sonderforschungsbereich (SFB) „Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung“ der TU Dresden widmet. Dieser SFB, der Phänomene der Schmähung und Herabwürdigung, der Beschämung und Bloßstellung epochen- und kulturübergreifend betrachtet, und das FILMFEST DRESDEN haben sich in diesem Jahr zusammengetan, um die Beiträge des Schwerpunkts „Diskurs Europa“ auszuwählen. Eine Expert_innenrunde aus dem Team des SFB – Dr. Tanja Prokić, Dr. Torsten König, Gabriel Simon Deinzer und Julius Nordheim – haben gemeinsam mit dem Kurator Sven Pötting eine Auswahl getroffen. Georg Imgraben, Mitarbeiter am SFB, lässt sich auf die Frage, welcher Film in Bezug auf Invektivität besonders sehenswert ist, nicht in die Karten schauen: „Da hat wohl jeder von uns andere Favoriten, aber insgesamt sind die Filme wirklich alle sehr toll und sehenswert. Wir haben die Filme ja auch so ausgesucht, dass sie einander ergänzen und ein differenziertes Gesamtbild ergeben – und dadurch dann auch zeigen, in wie vielen Formen Herabsetzung in der Gesellschaft auftreten kann oder in wie vielen Formen filmisch mit dem Thema umgegangen wird. Also unser Tipp ist: Alle anschauen, es lohnt sich!“ Der deutsche Beitrag „Vaterlandsliebe“ von Nico Sommer hat das Potenzial, einen Diskursbeitrag in Sachen Herabsetzung zu leisten. Bereits der Titel vermag bei manchen Beklemmungen auslösen. Und die provokante, zugrunde liegende Geschichte erst recht: „Jens ist tolerant, groß und gutaussehend. Doch seine durchdringende Ehrlichkeit und Loyalität zu Deutschland bringen ihm zunehmend Probleme ein. Viele Menschen halten ihn für einen Nazi, obwohl er doch nur sein Land liebt.“

Diskurs Europa 1: Dienstag, 22 Uhr, und Freitag, 18 Uhr, in der Schauburg

Diskurs Europa 2: Donnerstag, 16 Uhr, und Sonntag, 18 Uhr, in der Schauburg

Außerdem sehenswert am Donnerstag: „Gender Diversity: Nominierte zum Filmpreis für Geschlechtergerechtigkeit“ (20 Uhr in der Schauburg) oder zur selben Zeit im Thalia (sowie am Freitag, 17 Uhr, in der Schauburg) „Experimente: Gespenstische Gegenwärtigkeit“, teilweise auf 16mm oder gar auf 8mm-Film gedrehte Experimentalfilme zu verschiedenen maximal verstörenden Themen. 

Filmfestfreitag, 12.4.

Wer ihre Filme kennt, an dem wird der Tod der belgischen Filmemacherin Agnès Varda vor wenigen Tagen sicherlich nicht spurlos vorbeigegangen sein. Am Freitag (19.30 Uhr) in der Schauburg ist im Rahmen des Programms „Kuba 4: Tage des Feuers, Jahre des Rauchs“ einer ihrer Dokumentarfilme zu sehen. In „Salut les Cubains“ von 1963 zeigt Varda das Kuba vier Jahre nach der Machtübernahme von Fidel Castro. Auch die anderen Beiträge des Programms werfen einen Blick auf die Anfangsjahre des sozialistischen Kuba unter den Castros.

Schwerpunkt Kuba 1: Dienstag, 20 Uhr, im Thalia und Sonntag, 20 Uhr, in der Schauburg

Schwerpunkt Kuba 2: Freitag, 20.15 Uhr, im Programmkino Ost und Samstag, 20 Uhr, in der Schauburg

Schwerpunkt Kuba 3: Mittwoch, 18 Uhr, in der Schauburg und Samstag, 19 Uhr, im Programmkino Ost

Schwerpunkt Kuba 4: Freitag, 19.30 Uhr, in der Schauburg 

Wer nicht so weit weg schauen will, dem sei der „Regionale Fokus 2: Mitteldeutsche Filmnacht“ im Kleinen Haus (ebenfalls 19.30 Uhr) ans Herz gelegt. Es wird eine lange Nacht der Filmemacher_innen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die ihre aktuellen Arbeiten vorstellen. Im Anschluss entscheidet das Publikum, wer den mit 2.000 Euro dotierten Preis erhält. Um die Gunst der Zuschauer_innen buhlen wird unter anderem Alina Cyranek mit ihrer filmischen Gebrauchsanweisung, eine gelungene Party zu schmeißen – „The Party Manual“. Generell gilt: Wer die Menschen hinter den Filmen kennenlernen möchte, kann dies nicht nur bei den Q&As nach den Vorführungen tun, sondern auch bei den „Sandwich Talks“ in der Filmgalerie Phase IV (Nationaler Wettbewerb von Mittwoch bis Freitag, jeweils 17 Uhr, Internationaler Wettbewerb ebenfalls Mittwoch bis Freitag, 19 Uhr) oder zur „Open Film Night: Meet the Talents!“ (Mittwoch, 18.30 Uhr, in der Schauburg).

Regionaler Fokus 1: Kurze Sachsen: Donnerstag, 19 Uhr, im Lingnerschloss und Sonntag, 15.30 Uhr, in der Schauburg

Regionaler Fokus 2: Mitteldeutsche Filmnacht: Freitag, 19.30 Uhr, im Kleinen Haus

Regionaler Fokus 3: Zwischen gestern und morgen – Sachsen im Spiegel seines audiovisuellen Erbes: Donnerstag, 17 Uhr, und Samstag, 14.30 Uhr, in der Schauburg sowie Freitag, 17 Uhr, in der SLUB

Eine einmalige Gelegenheit für Nachteulen bietet sich um 23.30 Uhr im Thalia. Das Programm „Seriously! WTF?: Lost in Space“ setzt sich zusammen aus verschiedenen Filmen, die die Filmfest-Crew mit Staunen, Verwirrung oder Verstörung zurückgelassen haben. Vorgeschmack gefällig? Das sind die Gedanken der Kurator_innen zum 8-minütigen kanadischen Spielfilm „Squad Leader TD-73028 Soliloquy“ von Maxime-Claude L’Écuyer: „Ein einsamer, Hamlet rezitierender Stormtrooper in der Wüste. Hättet Ihr nie gedacht? Wir auch nicht. Aber habt Ihr jemals die Gedanken eines Stormtroopers hinterfragt? Was, wenn auch sie in der Lage sind, Liebe, Melancholie und Traurigkeit zu spüren? Was wäre, wenn ein Stormtrooper das Leben in Frage stellen würde?“

Filmfestsamstag, 13.4.

Was passiert mit den Filmen, die gut sind, sich thematisch aber irgendwie keinem Programm, keinem Wettbewerb zuordnen lassen? Das Kurator_innen-Team nennt sie „Expanded: Auf den Punkt“ (à la „Jetzt mach aber mal ‘nen Punkt, sind halt einfach gute Filme!“) und lässt sie beispielsweise am Samstag (17.30 Uhr im Thalia) auf das Publikum los. Zu sehen ist zum Beispiel der kanadische Animationsfilm „Animal Behaviour“ von Alison Snowden und David Fine, in dem sich angstbehaftete Tiere einer Gruppentherapie unterziehen.

Expanded: Auf den Punkt: Mittwoch und Samstag (jeweils 17.30 Uhr) im Thalia

Expanded: Hybride Transzendenzen: Freitag, 19 Uhr, und Samstag, 22 Uhr, in der Schauburg

Die Verleihung der Goldenen Reiter im Kleinen Haus (20 Uhr) ist vor allem interessant, wenn man selbst Teil des Wettbewerbs ist oder Überraschungen liebt. Schließlich werden die filmischen Machwerke der diesjährigen Preisträger_innen aber wie in jedem Jahr tags darauf auf die Leinwand gebracht.

Da lohnt sich doch schon eher die Festival-After-Show-Party ab 22 Uhr im Alten Wettbüro. Dabei sind die BANDA INTERNATIONALE, GREATA/DJ und LENARD OPESKIN. In der Gartenbar darf der Musikgeschmack der Filmfest-Crew überprüft werden, denn dort gibt es deren TOP 100 auf die Ohren. 

Filmfestsonntag, 14.4.

Am Sonntag geht das FILMFEST DRESDEN zu Ende, nicht ohne sich gebührend zu verabschieden. Denn ab Mittag bis Mitternacht werden die preisgekrönten Filme (elf Goldene Reiter und drei Sonderpreise zu insgesamt 67.200 Euro) gezeigt. Erfahrungsgemäß treffen die Jurymitglieder eine gute Wahl. Dennoch verpasst viel Kurioses und Bewusstseinserweiterndes, wer sich nur die Preisträger anschaut.

Preisträger 1: 12.30 Uhr und 19.30 Uhr in der Schauburg sowie 18 Uhr im Programmkino Ost

Preisträger 2: 17 und 22 Uhr in der Schauburg sowie 19.30 Uhr im Kino in der Fabrik

Preisträger 3: 14.30 Uhr in der Schauburg und 20.15 Uhr im Programmkino Ost

Text: Marie-Therese Greiner-Adam

Foto: Amac Garbe

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