Sie kamen, sahen und schwitzten

Der 21. Schaubudensommer rund um die Scheune Dresden ist Geschichte. Ein kleiner Rückblick in Wort und Bild.

Es ist kurz vor Mitternacht. Die letzten Vorstellungen laufen, eine im Empørium, eine im Saal. Einige Besucher*innen sind schon gegangen, andere lungern vor der großen Schiefertafel neben der Treppe zum Scheunevorplatz herum. Aus gutem Grund. Wenn abends der letzte Vorhang fällt, dann ziehen sie noch einmal los: Helmut Raeder vorneweg, Musiker*innen, Künstler*innen und Besucher*innen hinterher. Die Alaunstraße runter, die Böhmische Straße hoch und gleich hinter der Rothenburger die Schluppe zum Nordbad rein. Menschen von der Straße gesellen sich hinzu. Aufgeregte Anrufe bei den Freunden: „Kommt ins Nordbad!“

Und sie kommen. Hunderte Menschen strömen minutenlang ins wohlige Saunaklima. Wer heute noch in keiner Bude seine Klamotten durchgeschwitzt hat, der tut es spätestens hier. Die Empore wird erklommen, Füße baumeln im Becken. Acht Tänzer*innen stehen im flachen Wasser und bewegen sich so fließend wie das Element unter ihnen. Am Rand stehen eine Pauke und andere Instrumente, Demian Kappenstein spielt aber zunächst auf einer Wasserdüse. Nachdem sich die Massen einen Platz erkämpft haben, geht es so richtig los. Zu sphärischer Musik räkeln sich die Tänzer*innen zunächst auf dem nassen Grund, werden zu Kappensteins Trommelschlägen dann schnell raumgreifender und bespritzen den einen oder anderen Gast, während der Boden des Beckens abgesenkt wird.

Wenige Minuten dauert das Spektakel, kurz vor eins strömen die Menschen wieder aus dem Bad. Glückselig. Freudentrunken. Nicht nur der Schaubudensommer selbst, sondern auch seine Mitternachtsüberraschungen lassen die Besucher*innen staunend zurück. Geht es nicht ins Nordbad, dann halt mit Anna Mateur und Kollegen in die Martin-Luther-Kirche. Oder mit Aaron Dewitz auf die Treppe vors Parkhaus Sporthalle Dreikönigsschule. Oder mit The Razzzones aufs Toilettenhäuschen hinter Katy’s Garage. Für lau. Aber auf keinen Fall umsonst.

Das sind auch die eintrittspflichtigen Besuche in den Buden und Containern nicht. Vier Euro für 30 Minuten Unterhaltung, wenn man sich ein Dreierticket leistet und bestenfalls an einem Abend abarbeitet. Auch vier Vorstellungen sind möglich, wenn die Schlangen vor den Buden nicht allzu lang sind und der Abend gut geplant ist. Wer sich einen guten Überblick verschaffen will, muss eh wiederkommen. Und dann gibt es neben Clowns und Beatboxern, neben Tanzperformances und Puppenspiel auch Neues und Skurriles zu erleben. Paul Currie aus Großbritannien zum Beispiel, bei dem sich das Publikum das eine oder andere Mal wohl sicher fragt, was das alles soll. Wir sollten mehr wie Kinder und weniger erwachsen sein, antwortet der selbstbewusst und stülpt sich Handfiguren in Pandaform über die Hände, um zum nächsten Lied anzusetzen. Oder er fliegt mit den Besucher*innen auf imaginären Drachen und spielt mit ihnen die unsichtbare Panflöte.

Eine andere Besonderheit war nur an zwei Tagen des Internationalen Sommerfestivals für Theater, Vergnügen und Musik zu sehen. Denn was tut man, wenn man sich die Schulter bricht und nicht nur an die Wand starren will? Man strickt und häkelt. Und zwar so lange, bis das Stoffkonglomerat ganze Bühnen füllt und Akrobaten davor, dahinter und hindurch ihre Körperverknotungen vollführen. Maraña nennt sich das, Wirrwarr, und schafft im staunenden Scheunesaal kunterbunte Zauberwelten.

Nun werden die Zelte wieder abgebrochen und man kann nur die Tage zählen bis zum nächsten Scheune-Schaubudensommer.

Text: Nadine Faust

Fotos: Amac Garbe

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