Seit dem 24. April ist der Campus der TU Dresden um eine Attraktion reicher: ein Trimm-Dich-Pfad in der Nähe der StuRa-Baracke. Doch dort geht es nicht nur um Sport.
Das neue Highlight des Campus besteht aus Edelstahl und Kies und Schweiß. Vier schlichte Geräte, die auf einem kleinen Platz zwischen Fritz-Förster-Bau und Technische Leitzentrale stehen, ganz in der Nähe der StuRa-Baracke. Ihr Zweck: Klimmzüge. Liegestütze. Armdrücken. Einbeinstand. Das neue Highlight des Campus ist ein Trimm-Dich-Pfad. Oder, wie es Moritz Montenegro formuliert, „ein Spielplatz für Erwachsene“. Montenegro, Jogginghose, Turnschuhe, türkis-pinke Adidas-Jacke, hat für den Fotografen gerade ein paar Klimmzüge und Liegestütze gemacht. Jetzt sitzt er – etwas außer Atem – am Rand des Trimm-Dich-Pfades. Er nennt ihn „sein kleines Erbe“.
Dessen Geschichte beginnt in Rumänien, wo Montenegro, der gerade seinen Master in Wirtschaftsingenieurwesen gemacht hat, vor ein paar Jahren ein Erasmussemester verbracht hat. Ein Detail ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: „Dort hat jeder kleine Park einen Trimm-Dich-Pfad.“ Die Leute kommen von der Arbeit, parken ihr Kind auf dem Spielplatz und kümmern sich um ihre Muskeln. „Diese niedrige Hemmschwelle hat mir imponiert.“ Zurück in Dresden saß er verspannt und mit geröteten Augen in der SLUB. Wie gern wäre er aufgestanden und hätte sich ausgepowert, wenigstens ein paar Minuten. „Mir wurde klar: Der Campus braucht einen Trimm-Dich-Pfad.“ Dann hörte er von Quix – die Abkürzung steht für „quickly fix“. Denn genau das will die Initiative der TU Dresden: Mit kleinen, schnell umsetzbaren Maßnahmen die Studienbedingungen verbessern. „Insgesamt 250.000 Euro hat das Rektorat dafür bereitgestellt“, erklärt TUD-Mitarbeiter Kay Schomburg, der Quix koordiniert. 2014 wurden alle Studierenden der TU Dresden aufgerufen, ihre Ideen einzureichen. Auch Moritz Montenegro machte mit. „Da kam eins zum anderen.“ Ein Jahr später wählte ein überwiegend studentisches Gremium dann aus insgesamt 94 Bewerbungen 28 Projekte aus. Darunter nicht nur die Bücherzelle vor dem Hörsaalzentrum (HSZ) oder ein Seminarraum mitten im Grünen in der Nähe des Weber-Baus, sondern eben auch Montenegros Idee zur Ertüchtigung während der Mittagspause. Die Planung konnte beginnen.
„Der StuRa hat mir ein paar Landschaftsarchitekten zur Seite gestellt“, erzählt Montenegro. „Die haben sich einen echt schicken Entwurf ausgedacht.“ Auf der Website des Projekts findet man sie noch, die Skizze von kunstvoll arrangierten Holzstämmen, die Sport- und Sitzgerät zugleich sind. Im Vergleich dazu wirken die vier Geräte aus Edelstahl recht „abstrakt“, wie Montenegro sagt. „Die ursprüngliche Idee war so nicht umsetzbar“, erklärt Schomburg auf Nachfrage. Dessen Kosten wären „in die Hunderttausende“ gegangen – zur Verfügung standen aber nur 40.000 Euro. Deshalb nimmt das Ergebnis auch nur halb so viel Fläche ein wie ursprünglich geplant. Schomburg meint: „Im Endeffekt steht die Funktionalität im Vordergrund.“
Für Montenegro aber ist Sport mehr als Muskelaufbau und Fettverbrennung. Sondern auch ein Miteinander. Schon seit einiger Zeit ist er bei der Hochschulgruppe IDA aktiv, die Hilfsangebote von Studierenden für Geflüchtete organisiert. Montenegro hilft Geflüchteten bei Hausaufgaben und kocht mit ihnen. Dieses Engagement nimmt er nun mit auf den kleinen Sportplatz: Jede Woche will er ein gemeinsames Training für Geflüchtete und Studierende anbieten. Immer donnerstags, 18 Uhr. „Beim Sport sind alle gleichberechtigt“, sagt er. „Wenn Mahmud aus Syrien Ahnung von Calisthenics hat, ist er der Chef.“ Auch das Universitätssportzentrum (USZ) sei begeistert von der Idee. Spätestens im nächsten Semester soll der Kurs in das offizielle Angebot aufgenommen werden.
Das erste Treffen an diesem lauen Frühsommerabend ist noch spärlich besetzt, die Geflüchteten haben den Weg nicht gefunden. „Nächste Woche hole ich sie direkt am HSZ ab“, beschließt Montenegro. Egal, sechs Sportwillige sind es trotzdem. Kurz werden die Stationen diskutiert – dort Liegestütze, da Klimmzüge, zwischendurch ein paar Ausfallschritte. Dann startet Moritz Montenegro den Timer. Die Waden brennen, die Arme fallen gleich ab. Schweiß auf der Stirn, Kies im Schuh. Rechts ein Keuchen, links ein Ächzen. Nach 30 Sekunden die erlösende Botschaft: „Geschafft!“ Doch die Pause währt nur kurz, schließlich ist das hier ein Kraftzirkel und kein Kraftpunkt: 30 Sekunden üben, 30 Sekunden Pause. Wie war das mit dem Erwachsenenspielplatz?
Text: Luise Martha Anter
Foto: Amac Garbe