Campuskolumne

Am 13. Dezember 2017 veröffentlichte die Bundesregierung ihren 21. BAföG-Bericht. In den Medien fand er nicht viel Beachtung. Dabei könnte man bei genauem Lesen wütend werden.

Vielleicht wäre es der Bundesregierung am liebsten gewesen, wäre ihr neuer BAföG-Bericht geheim geblieben. Eine Pressemeldung dazu schrieb sie nicht. Auch die Bildungsministerin Johanna Wanka äußerte sich nicht dazu. Dementsprechend nahmen die Medien das Thema kaum auf. Selbst über eine einfache Google-Suche findet man das Dokument nicht gleich. Wer sich langes Suchen ersparen will, kann hier klicken.

Dass der Bericht schwer zu finden ist, mag daran liegen, dass man ihn beim Lesen ständig kritisieren möchte. Denn die VerfasserInnen relativieren Missstände und bewerten sie sogar positiv.

Fest steht: Weniger Schüler und Studierende bekommen BAföG. Die Zahl der BAföG-EmpfängerInnen ist zwischen 2012 und 2016 um 16,7 Prozent gesunken. Dabei trat im Wintersemester 2016/17 die BAföG-Reform in Kraft. Mit ihr stiegen die Freibeträge und Bedarfssätze. Das heißt, es sollten mehr Studierende BAföG bekommen und sie sollten mehr Geld erhalten. Man könnte nun sagen: Die BAföG-Reform wirkt nicht ausreichend. Oder man interpretiert die Zahlen wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Der Grund für die sinkende Anzahl der Geförderten sei das gestiegene Einkommen der Eltern, steht im Bericht. Weiterhin heißt es: „Die sehr positiven wirtschaftlichen Entwicklungen […] führen beim BAföG […] zwangsläufig zu geringeren Gefördertenzahlen.“ Der Bericht bezieht sich auf einen Zeitraum von 2012 bis 2016. Da die BAföG-Reform erst im Oktober 2016 in Kraft trat, sieht man noch nicht ihre volle Wirkung.

Mit Blick auf die drei Monate, in denen die Reform wirkte, stellt das BMBF fest: Trotz der positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sei der Trend sinkender Gefördertenzahlen erheblich abgeschwächt worden. Mit dieser Interpretation umgeht das BMBF jede Selbstkritik.

Trotzdem gibt es an dem BAföG-Gesetz einige Kritikpunkte: Oft reicht BAföG nicht zum Leben. Im Durchschnitt machte es im Jahr 2016 (vor der Reform!) nur 12 Prozent des studentischen Einkommens aus. 51 Prozent kamen von den Eltern, 26 Prozent aus Nebenjobs und weitere 12 Prozent aus übrigen Quellen. Das hat die 21. Sozialerhebung im Sommer ergeben. Im Jahr 2012 hingegen machte das BAföG 17 Prozent des studentischen Einkommens aus, damals kamen nur 22 Prozent aus Nebenjobs.

Im BAföG sind 250 Euro fürs Wohnen vorgesehen. Den Betrag bekommen alle EmpfängerInnen, die nicht bei ihren Eltern wohnen. Um die Mietkosten zu decken, sind 250 Euro aber ein Witz – zumindest in größeren Universitätsstädten. Auch in Dresden ist es schwer, mit 250 Euro Miete, Nebenkosten, Strom und Internet zu bezahlen. Das weiß das BMBF. Denn in der Sozialerhebung stellt es fest, dass Studierende in Deutschland durchschnittlich 323 Euro für die Miete zahlen. Mit der BAföG-Reform wurde das Wohngeld zwar von 224 Euro auf 250 Euro erhöht, das steht aber in keinem Vergleich zur Erhöhung der Mietpreise.

Außerdem gibt es BAföG nur in der Regelstudienzeit – es sei denn man bekommt ein Kind, wird ernsthaft krank oder engagiert sich in studentischen Gremien. 68 Prozent aller Studierenden brauchen ein Jahr länger für ihren Abschluss. Für sie fällt nach der Regelstudienzeit die staatliche Unterstützung weg. Das bedeutet letztendlich: neben dem Studium mehr arbeiten.

Am BAföG-Gesetz gibt es also viel zu verbessern. Doch statt einen ernsten Vorschlag zu machen, heißt es in den Schlussfolgerungen nur schwammig: Eine mögliche Neufestlegung der Bedarfssätze und Freibeträge […] sei eine Aufgabe der künftigen Bundesregierung. Spiegel Online berichtete, dass in einem ersten Entwurf des Berichts stand, dass eine Anhebung der Bedarfssätze und Freibeträge nötig sei, doch die Stelle wurde entschärft.

Der neue BAföG-Bericht zeigt also Missstände auf, doch diese werden möglichst positiv ausgelegt. Das BMBF könnte das BAföG-Gesetz so verändern, dass mehr junge Menschen studieren und lernen können – ohne Geldsorgen und Nebenjobs. Dazu fehlt aber anscheinend der politische Wille.

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Text: Sabrina Winter

Foto: Amac Garbe

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