Filmtipp des Monats: Bei uns heisst sie Hanka

Was ist Sorbisch? Also abseits von kunstvoll bearbeiten Ostereiern, sorbischer Tracht und den Osterreiter:innen. Wer nicht gerade eins der sechs Studienfächer am Institut für Sorabistik an der Universität Leipzig belegt oder zu den schätzungsweise 60.000 Menschen im Süden Brandenburgs und im Osten Sachsens gehört, die sich dem sorbischen Volk zugehörig fühlen, kann ihnen jetzt durch Grit Lemkes Dokumentarfilm „Bei uns heisst sie Hanka“ nahekommen.

Regisseurin Grit Lemke wurde 1965 in Spremberg in der Niederlausitz geboren und wuchs in Hoyerswerda auf. Doch Sorbischsein war lange etwas Entferntes, Nebulöses. Die eigenen Wurzeln: verdeckt. Wie sagt Lemke selbst in ihrem Film: „Manche Sprachen lernt man, um das Fremde zu verstehen.“ Und dann weiter auf Sorbisch: „Aber manchmal muss man eine Sprache lernen, um sich selbst zu verstehen.“

„Bei uns heisst sie Hanka“ ist eine Suche nach den eigenen Wurzeln, nach Identität. Eine Identität, die lange unterdrückt, regelrecht germanisiert wurde. Sorbisch zu sprechen ist also nicht nur eine Suche, sondern auch Selbstbestimmung, Emanzipation. Lemke begegnet dabei Menschen, die auf verschiedene Weise selbst nach der sorbischen Heimat suchen oder für sie einstehen. Allen voran die titelgebende Jurastudentin Hanka, die den Biobauern Ignac heiratet und durch ihn angeregt wird, die familiären Wurzeln zu erkunden. Zusammen mit Ignac engagiert sie sich in der Sorbischen Volksvertretung. Auch den Fußballfan Měto, die Cottbusser Künstlerin Hella und den sorbischen Nationaldichter Jurij Koch sucht Grit Lemke auf.

Untermalt werden diese Beobachtungen und Gespräche von der sorbischen Landschaft: wogende Getreidefelder, zerklüftete Tagebauwelten, grüne Wälder. Vor allem aber unterlegt Lemke ihren Film mit modern interpretierten sorbischen Liedern. Das ergibt insgesamt einen vielfältigen Einblick in Leben und Kultur eines Volkes, dessen Bräuche und Feste auf der Liste des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO stehen. Die anerkannte nationale Minderheit spricht mit Ober- und Niedersorbisch zudem zwei verschiedene Sprachen, hat eine offizielle Flagge und eine Hymne. Und natürlich herrlich anzusehende Ostereier.

Text: Nadine Faust

Foto: Ein Hoch auf das Brautpaar: Auf ihrer traditionell sorbischen Hochzeit feiern Hanka und Ignac ausgelassen. © Neue Visionen Filmverleih

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