Ein neuer Gegenwartsroman, der aktuelle Themen auf den Punkt bringt. Paula Irmschlers Buch, das im Mai 2024 erschien, holt Lesende genau dort ab, wo sie gerade stehen: mitten im Leben. Wie unterschiedlich das aussehen kann, greift dieser Roman gekonnt auf.
Zwischen Witz und Selbstzweifeln
Karla ist noch jung, aber für sie ist es zu spät, neue Lebenswege zu gehen. Im Gegensatz zu ihren Geschwistern hat sie kaum Geld, vermasselt jegliche Ausbildungswege und wohnt eher als Besucherin statt Mieterin bei ihrem besten Freund. Immerzu fragt sie sich, wie andere das Leben meistern. „Dazu kamen die Selbstvorwürfe. Andere Leute kriegen es doch auch hin: Aufstehen, lernen, arbeiten, wie schwer kann es sein? Für Karla scheint es unmöglich.“
Als sie von Leipzig nach Köln gezogen ist, wusste sie noch nicht, dass ihre zukünftige Freundin Natalie in Leipzig wohnt– oder wie man auch sagt: zuheeme. Dabei hätte Karla so gern eine gemeinsame Zukunft mit ihrer Partnerin hier in Köln. Ausgerechnet Leipzig, wohin Karla nicht wieder zurückwill. Sie hat schließlich nicht ohne Grund den Kontakt zu ihrer Mutter Gerda abgebrochen.
Unzugänglicher Millennial und unaufgeschlossener Ossi
Karla und Gerda haben eine Gemeinsamkeit: das Genervtsein. Das schließt Familienmitglieder nur leider nicht aus. Und dann kommt, was kommen musste. Karlas drei Geschwister schenken Karla und Gerda eine gemeinsame Reise nach Hamburg. In drei Wochen sollen genau die beiden, die seit zwei Jahren keinen Kontakt haben, anlässlich ihrer Geburtstage ein Wochenende zusammen verbringen.
„Familie heißt Lügen, bis tief in die Nacht“
Paula Irmschler wohnt wie ihre Protagonistin Karla in Köln, kommt gebürtig aber aus Dresden. Mit ihrem Roman „Superbusen“, der 2020 erschien, schaffte sie es erstmals auf die Spiegel-Bestsellerliste.
In ihrem neuen Buch lernen wir nicht nur eine Frau kennen, die glaubt, in ihrem Leben sei noch nichts vollbracht, sondern bekommen auch einen Einblick in die gesamte Familienstruktur. Diese wird vielen Lesenden aus Ostdeutschland bekannt vorkommen, nicht nur durch die sächsischen Worte Wuling und Nicki. Es ist ein Buch, bei dem man sich verstanden fühlt und sich freut: Endlich schreibt es mal jemand auf. Sei es die Angst vor der ungewissen Zukunft, das Alleinsein oder das Vergleichen unter Geschwistern.
„Alles immer wegen damals“ ist ein Buch mit Kraft, die beim Lesen und auch danach noch etwas in einem bewegt.
Text: Alexandra Caspar
Foto: Amac Garbe