Campuskolumne

+++ Sächsischer Landtag vom Klimawandel betroffen +++ Auflösung und Evakuierung nötig? +++

Da haben wir den Salat. Und der könnte so knackig sein. Doch in Sachsen sind die Umweltverhältnisse andere – da ergrauen die Blätter sogar bei Aussicht auf eine stabile Mehrheit im Sächsischen Landtag. Am liebsten würde man ihn wieder ausspucken, den Salat – ist aber zum Runterschlucken verdammt. In manchen Bundesländern könnte man die sich anbahnende Koalition aus schwarz-rot-grün – sorry, schwarz-grün-rot, immer schön der Größe nach! – als super Modell verkaufen: als smart, zukunftsfähig und richtig, richtig sexy. Eben als jung, frisch und knackig. Doch in Sachsen bekommt man Ekelpickel, alleine vom Gedanken daran. Salz gefällig?

Zunächst zur Einordnung: Die Wahlergebnisse zum Sächsischen Landtag brachten keine großen Überraschungen. Zumindest dann nicht, wenn man die Umfragewerte der vergangenen vier Wochen aufmerksam verfolgt hat. Die CDU (32,1%) und die AfD (27,5%) waren noch etwas stärker als prognostiziert, die Grünen (8,6%) und die SPD (7,7%) etwas, die Linke (10,4%) viel schwächer als erwartet. Offensichtlich hat die CDU wieder einmal viele Leihstimmen aus dem linken Lager bekommen, das verhindern wollte, dass die AfD stärkste Partei wird. So wie in Görlitz zur OberbügermeisterInnenwahl. Nicht so nett und auch selten dumm, sollte die CDU nun weiter im linken Lager ihren Hauptfeind sehen.

Es hat sich nun also das eingestellt, was laut Umfragen zu erwarten war: Abseits der Kenia-Koalition (schwarz-rot-grün) ist keine stabile Mehrheit möglich. Doch werden sich CDU und Grüne einigen können, die sich in Sachsen ja traditionell, um es nett zu formulieren, eher ablehnend gegenüberstehen? Das ist trotz immenser Unterschiede zu erwarten. Auch wenn es kaum Überschneidungen gibt und sich die Bündnisgrünen und die CDU in Sachsen wie zwei feste Gegenpole gegenüberstehen, wird, ausgerechnet, die (bloße Existenz der) AfD dabei helfen, dass Schwarze und Grüne aufeinander zugehen. Denn mit der AfD sollte kein Staat gemacht werden – da sind sich die Grünen aufgrund der rechtsextremen Tendenzen der AfD einig. Sie werden daher genötigt sein, „Ja“ zum vormaligen Lieblingsgegner CDU zu sagen. Auch um Neuwahlen oder sogar eine in Worst-Case-Szenarien durchgespielte Liaison der CDU mit der AfD zu verhindern.

Doch diese wird es kaum geben. Die Motivation der CDU ist eine andere, weniger inhaltlich geprägt. Zwar sehen wohl die Mehrheit der CDUler die AfD als Teil ihres eigenen Fleisches an. Ein gehöriger Teil der CDU würde wohl zumindest eine partielle Zusammenarbeit mit der AfD gerne ausprobieren – gerade auch Schwergewichte der Partei wie Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler. Doch die CDU, das hat ihr Vorsitzender Michael Kretschmer richtig erkannt, kann das allein aus strategischen Gründen nicht machen. Es würde zwar vielleicht zunächst nicht die Sachsen-CDU zerreißen, so wie es der Wahlkampfstratege im Außendienst, Werner J. Patzelt, bei einer Zusammenarbeit von schwarz und grün erwartet, doch aber die Bundes-CDU. Mit einer Partei, welche mit „Merkel muss weg“ kokettiert und nicht einmal überzeugend versucht, sich ein bürgerliches Fell zuzulegen, kann die CDU keinen Vertrag eingehen. Auch der bloße Umstand, dass „Der Flügel“ der AfD unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht und der AfD-Vorsitzende in Sachsen, Jörg Urban, zu eben diesem neofaschistischen „Flügel“ gehört, spricht dagegen. Würde die Sachsen-CDU mit der AfD koalieren oder auch nur partiell paktieren – entgegen der auf einem Parteitag verabschiedeten Parteiräson – und das würde wohl bei einer Minderheitsregierung, die Patzelt und seine Freunde präferieren, passieren –, wären die Große Koalition und die Kanzlerinnenschaft Angela Merkels am Ende, Kramp-Karrenbauer hätte ebenfalls ausgedient und eine Spaltung der CDU in einen rechtskonservativen Teil und einen liberalen Teil würde sehr wahrscheinlich werden. Dann hieße Sachsens Ministerpräsident auch nicht mehr Kretschmer.

Doch das wird alles nicht passieren – egal, wie groß die Feindschaft zwischen Grünen und Schwarzen ist. Schwarz-grün-rot wird also, trotz Ächzen der Ultrakonservativen in der CDU, die neue Koalition in Sachsen heißen – so sicher, wie das „Amen“ in der Kirche. Sachsen-Anhalt, immerhin auch ein „Ost-Bundesstaat“ grüßt. Der dortige Ministerpräsident Reiner Haseloff wird sicher mit Kretschmer in den nächsten Tagen telefonieren und über sein, für sächsische Verhältnisse extrem exotisches und bemitleidenswertes, Bündnis berichten. Dieses Bündnis wird aber auch wegen der SPD zustande kommen. Die SPD wird vermitteln können, denn sie bildet die Mitte innerhalb der zu diskutierenden Regierung. Sie hat in fast allen Fragen deutlich konservativere Positionen als die Grünen, im Vergleich zur CDU wirkt sie aber geradezu progressiv. Sie wird Mittlerin sein, dem Parteivorsitzenden Martin Dulig wird eine extrem wichtige Rolle in den Sondierungsgesprächen zukommen.

Die Grünen haben es der Theorie nach komfortabel, denn sie können, wie auch Patzelt befürchtet, Maximalforderungen stellen und die CDU an die Wand drängen, welche ihrerseits zu allem „Ja“ und „Amen“ sagen muss, um an der Macht zu bleiben. Doch wie viel sie wirklich durchsetzen, das hängt von ihrem Verhandlungsgeschick ab – Erfahrungen damit hat niemand. Ihren AnhängerInnen haben die Grünen einen Klimawandel innerhalb der sächsischen Politik versprochen. Diesen wird es, egal welche Inhalte sie durchsetzen, so oder so geben. Alleine der Name. Alleine die Parteienkonstellation. Schwarze und Grüne an einem Tisch.

Vielleicht noch Pfeffer gefällig?

Text: Martin Linke

Foto: Amac Garbe

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