Design statt Desaster – das U_CODE-Projekt

Stadtentwicklung und Architektur – jeder hat eine Meinung dazu, doch meist finden sie hinter verschlossenen Türen statt. Während sich Planer ausführlich damit befassen, haben Bürger nur wenige Möglichkeiten, um aktiv zu gestalten. Das Projekt U_CODE möchte beide Seiten zusammenführen und die Kommunikation in vielen Bereichen erleichtern.

Mit 3,6 Millionen Euro im Rahmen des Programms Horizon2020 fördert die Europäische Union von 2016 bis 2019 das Projekt U_CODE: Urban Collective Design Environment. Unter Führung der TU Dresden und u. a. in Zusammenarbeit mit der TU Delft (Niederlande) und des Institut supérieur de l’électronique et du numérique in Toulon (Frankreich) wird ein Projekt entwickelt, das Bürger und Planer zusammenbringt.

„U_CODE, das ist ein digitaler Werkzeugkasten mit Bedienungsanleitung“, erklärt Prof. Jörg Rainer Noennig vom Bereich Wissensarchitektur an der TU Dresden. „Hier kann man Schöpfer sein.“ Stufenweise können Interessenten das notwendige Wissen erwerben, dann planen. Zuerst spielerisch und frei in Form einer Game-App – von zu Hause aus. Später können sie mit Hilfe einer Virtual-Reality-Brille in Stadtplanungsämtern oder Rathäusern in ihren Kreationen wandeln und die Perspektive verändern – denn nicht alles, was von oben schön aussieht, wirkt auch aus Sicht eines Fußgängers stimmig. „Planer und Architekten haben dieses Denken jahrelang gelernt“, erklärt Prof. Noennig und verweist auf die Brücke zwischen Planern und Bürgern. Später kann man sich über digitale Panels austauschen.

Ein weiterer Kern des Projektes ist die Analyse und Aufbereitung der Daten. Damit können alle Beteiligten früh ein Meinungsbild erhalten und mit diesem weiterarbeiten, Vorschläge erarbeiten und kommunizieren. Die Bürger können sich dann erneut einbringen, in Form von Abstimmungen mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen. „Das einfachste ist ein bisschen wie Tinder“, sagt Forschungsassistent Benjamin Stelzle und lächelt. „Man sieht ein Bild und stimmt ab: ‚Gefällt mir‘ oder ‚Gefällt mir nicht‘.“ In späteren Stufen kann man über einzelne Details des Projektes abstimmen. Auch für die Planer ist das nützlich, um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu spüren, wenn die Stimmung kippt. Denn nur, wenn ein Projekt tatsächlich umgesetzt wird, rentiert es sich. Benjamin Stelzle verweist dabei u. a. auf die Bewerbung Hamburgs für die Olympischen Sommerspiele 2024. Zuerst sei die Stimmung in der Bevölkerung positiv gewesen, doch als ein Jahr später das Referendum stattfand, wurde die Bewerbung abgewiesen. 51,6 Prozent der Hamburger stimmten im Jahr 2015 dagegen.

Noch befindet sich das Projekt in der Entwicklungsphase – während der Research and Innovation Actions des Horizon2020-Programms soll neues Wissen entwickelt werden, aber es muss noch kein verkaufsfähiges Produkt entstehen. „Es geht darum, eine gute Idee zu demonstrieren“, formuliert Prof. Noennig. Demnächst sollen U_CODE und seine Tools im realen Maßstab getestet werden. Das Team sucht dafür Projekte mit kleinen städtebaulichen Aufgaben, z. B. eine Platzneugestaltung, eine Campusplanung, ein öffentliches Gebäude – gern im sächsischen Raum.

Text: Vivian Herzog

Foto: Amac Garbe

Der Text wurde am 17. Februar 2019 aktualisiert.

Ein Gedanke zu “Design statt Desaster – das U_CODE-Projekt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert