Vergangenes Jahr gab‘s den großen Zank zwischen Kultur- und Palais Sommer. Der Freistaat hatte die Grünfläche hinter dem Japanischen Palais neu ausgeschrieben und unerwartet gewann nicht das angestammte Team um Jörg Polenz, sondern Poetry-Slammer Thomas Jurisch. Ein Aufschrei ging durch die Stadt. Wochenlang wurde in den sozialen Medien gekämpft, bis feststand, wie es weitergeht. Der Palais Sommer wurde auf den Neumarkt und ins Ostradome neben der Messe verlegt, auf dem Gelände hinter dem Japanischen Palais residierte der Kultursommer.
Neues auf dem Neumarkt und an der Messe
Ein Jahr später hat sich die Situation deutlich verändert: Der Palais Sommer findet mit reger Beteiligung statt. Aus meiner Sicht ist das Programm sogar noch vielfältiger geworden. Es gibt Salsa- und Walzer-Nächte, Gute-Nacht-Geschichten, Klavierkonzerte und Aufführungen von Indie-Künstler:innen.
Der Palais Sommer spricht Menschen jeden Alters an. Die Location auf dem Neumarkt ist leicht zugänglich, aber ich fühle mich dort eher wie ein Teil der Tourist:innen, nicht eingeschlossen im Grünen. Das Ostradome ist für mich schwer zu erreichen. Und die Preise für alkoholische Getränke sind immer noch hoch. Trotzdem funktioniert das Konzept.
Planlos am Palais
Beim Kultursommer sieht es weniger gut aus. „Während ihr auf den Sommer wartet, laden wir schon mal Künstler ein, stellen Getränke kalt und arbeiten an unserer Homepage“, prangt auf der Webseite. Der letzte Post auf Facebook vom 7. Februar verkündet die Einführung eines neuen Logos. Die wenigen Kommentare darunter bezeugen Unmut, Antworten gibt es nicht.
Wahrscheinlich ist das Portal für die Veranstalter:innen nicht wichtig. Denn auf Instagram wurde immerhin am 27. Juli veröffentlicht, dass es jetzt ein Programm gibt. Später hat das Team erste Werbetexte für einen Poetry-Slam eingestellt. Die Pressemitteilung eine Woche vorher kündigte ein Aufeinandertreffen der Kruzianer und des Männerchors SONUS AETERNUS, bestehend aus ehemaligen Kreuzchor-Mitgliedern, an. Das klingt interessant.
Luft raus
Für mich war die Gruppe um Thomas Jurisch der Underdog, dem ich gewünscht habe, dass alles gut wird. Keine:r hat damit gerechnet, dass ein kleines, ziemlich unerfahrenes Team eine Veranstaltungsreihe stemmen kann, die über eineinhalb Monate läuft und von tausenden Besucher:innen genutzt wird. Ich vermute, dass es viel zu tun gibt und wahrscheinlich keine:r Zeit hat, mehrere Social-Media-Kanäle zu bespielen.
Aber dass die Nutzer:innen komplett allein gelassen werden, nervt mich. Ich würde das Projekt gern unterstützen, es in meinen Kalender eintragen und meine Freund:innen einladen. Aber wenn zwei Wochen vorher das genaue Programm nicht feststeht, wie soll das funktionieren? Wenn selbst Mitte Juni noch nicht klar war, wann genau überhaupt gespielt wird?
Kultur ist nicht umsonst
Man darf aber auch nicht unterschätzen, wie viel Aufwand solche Veranstaltungen bedeuten. Genehmigungen müssen eingeholt, Security und Catering organisiert werden. Künstler:innen müssen Zeit haben und man muss die Gage verhandeln. Die Technik muss bezahlt werden. Oft wird all das von Leuten bewältigt, die nebenbei noch Brotjobs haben.
Die mittlerweile etablierte „Kultur am Pavillon“ beispielsweise musste ihre Besucher:innen nochmals um Unterstützung bitten, weil sie mit einer Förderung gerechnet hatten, die dann nicht bewilligt wurde. Nur so können immerhin die Konzerte für August stattfinden, September ist noch unklar. Auch das ist ein Punkt: Viel (kostenlose) Kultur ist nur möglich, weil verschiedene Institutionen Geld geben. Die „Kultur am Pavillon“ erhielt Geld vom Kulturamt. Das Projekt „KlangRaum“, das im Stadtgebiet zwei Wochen lang Klaviere zum Spielen aufstellte, wurde u. a. von verschiedenen Stadtbezirksbeiräten und dem StuRa der TU Dresden gefördert. Außerdem sind viele Projekte auf Spenden durch Besucher:innen angewiesen.
Kultur von vielen für jede:n
Durch Corona sind in Dresden einige Veranstaltungen eingeschlafen. Jetzt tauchen sie in neuer Form auf oder entstehen erst. Mir hat das bewusst gemacht, wie viele Möglichkeiten wir in der Stadt haben und dass wir für wenig Geld viel bekommen. Dass mit der letztjährigen Entscheidung des Freistaates so viel durcheinandergewirbelt wurde und die schöne Fläche am Japanischen Palais weniger genutzt wird, das ist schade. Die Kommunikation des Kultursommers frustriert. Aber letztlich gibt es so viel zu erleben, dass das final nicht für jede:n wichtig ist.
Text: Vivian Herzog
Foto: Amac Garbe