Schwere Atmung, Riechverlust, Kopfschmerzen: Was hat sich da in der Nase versteckt?

Wer an den Begriff Doktor denkt, hat meist eine:n Mediziner:in mit Kittel im Kopf. Dass es jedoch in Deutschland 19 verschiedene Arten von Doktortiteln gibt, wovon der allseits bekannte Dr. med. den des Fachs Humanmedizin beschreibt, ist den meisten nicht bewusst. Nun gut, der Anteil an erfolgreich abgeschlossenen Promotionen (über 60 Prozent) ist in diesem Fachbereich der mit Abstand höchste und bei Ärzt:innen war sicher auch schon jede:r im Laufe seines Lebens.

Der Weg zum Titel Dr. med.

Der Ablauf einer Doktorarbeit von Medizinstudent:innen ist jedoch grundlegend verschieden zu dem anderer Fachbereiche. So findet eine Promotion in der Regel nach Abschluss des Diplom- oder Masterstudiums statt, während hingegen Medizinstudent:innen schon während des Studiums an ihrer Doktorarbeit arbeiten. Nach der zweijährigen Vorklinik, die mit dem 1. Staatsexamen, dem Physikum, abgeschlossen wird, beginnt die klinische Zeit des Studiums, in der man sich auf die Suche nach einem geeigneten Promotionsthema begibt.

Dabei kann man sich einerseits auf ausgeschriebene Themenvorschläge der einzelnen Institute bewerben oder direkt bei Dozent:innen anfragen. Wichtig ist dabei jedoch, schon im Vorhinein zu wissen, welche Art der Promotion man ablegen möchte. So unterscheidet man in der Humanmedizin statistische, klinische und experimentelle Doktorarbeiten. Statistische Arbeiten legen, wie der Name schon sagt, ihren Forschungsfokus auf die Analyse von Häufigkeitsverteilungen. So wird beispielsweise untersucht, ob Frauen, die bei ihrer ersten Geburt einen Kaiserschnitt hatten, ein erhöhtes Risiko für einen zweiten Kaiserschnitt besitzen. Experimentelle Doktorarbeiten dagegen finden vorwiegend im Labor statt. Mit Hilfe von Zellkulturen untersuchen einige Student:innen zum Beispiel spezielle Tumorgewebe oder es werden Tierversuche zur Untersuchung der gewählten Hypothesen durchgeführt. Die Dresdner Medizinstudentin Caroline Uhl hat sich für den dritten möglichen Typ, den der klinischen Doktorarbeit, entschieden.

Riechen und Schmecken – wichtige Sinne zum eigenen Wohlbefinden

An der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden arbeitet Caroline Uhl seit dem Herbst 2020 neben dem Studium an ihrer Doktorarbeit. Freie Nachmittage, Wochenenden und Semesterferien verbringt sie mit der Akquirierung geeigneter Proband:innen, der Durchführung von Tests und schließlich der Auswertung erhaltener Ergebnisse. Die Themen für Doktorarbeiten an diesem Institut reichen von der Untersuchung von Post-Covid-Symptomen über die Folgen von Verkehrsunfällen bis hin zur Untersuchung von Nasennebenhöhlenentzündungen. Die so genannte Rhinosinusitis, also Nasennebenhöhlenentzündung, kann dabei zwei Formen annehmen: eine akute, kurzfristige und eine chronische mit einer Dauer von mindestens drei Monaten.

Caroline Uhl beschäftigt sich in ihrer Doktorarbeit am Uniklinikum Dresden mit polypösen Nasennebenhöhlenentzündungen.
Polypöser Typ der Rhinosinusitis

Doktorandin Caroline Uhl beschäftigt sich vorwiegend mit der chronischen Form der Nasennebenhöhlenentzündung, welche häufig im Zusammenhang mit dem Auftreten von Nasenpolypen steht. Dieser polypöse Typ, auch Polyposis nasi genannt, führt bei Patient:innen zum Gefühl der Nasenatmungsbehinderung. So ist das Atmen durch die Nase erschwert und viele klagen zudem über eine Minderung oder den Verlust des Riechsinns. Patient:innen leiden häufig unter Kopfschmerzen sowie einem Druckgefühl im Bereich der Stirn. Circa zehn Prozent der Bevölkerung leiden unter einem solchen Krankheitsbild und klagen über eine deutlich verminderte Lebensqualität sowie Schlafprobleme.

Woher genau diese Polypen kommen, ist aktuell noch ungeklärt, und auch ihre operative Entfernung lindert bei den Betroffenen meist nur vorübergehend die Symptome. Nasensprays und Nasenduschen sind daher ständige Begleiter von Patient:innen mit einer polypösen Nasennebenhöhlenentzündung. Um die verschiedenen Symptome einschätzen und bewerten zu können, ist eine Unterscheidung von subjektiven Gefühlen und dem objektiv messbaren Einschränkungen durch den Polypen in der Nase nötig. Inwiefern sich die chronischen Entzündungsprozesse und die Polypen auf die Nasenatmung und Riechfunktion auswirken, soll im Rahmen der beschriebenen Doktorarbeit untersucht werden.

Proband:innen suchen

Caroline Uhl führt zur Untersuchung des Einflusses der Polypen eine Vielzahl an Tests an gesunden sowie erkrankten Personen durch. Insgesamt benötigt sie für ihre Studie sowohl 60 gesunde Proband:innen als auch 60 kranke Patient:innen. Die Akquirierung gesunder Teilnehmer:innen ist fast abgeschlossen, wohingegen sich das Auffinden von geeigneten Patient:innen schwierig gestaltet. Sie müssen Zeit und die Bereitschaft für Tests haben sowie einen gewissen Schweregrad der Erkrankung aufweisen. Unabhängig vom Status der Versuchsteilnehmer:innen ist der Testablauf aber für alle gleich.

Testen, Testen, Testen

So beginnt die Doktorandin mit einem Riechtest, bei dem die Proband:innen mit Hilfe so genannter Riechstifte 16 verschiedene Düfte von Knoblauch über Pfefferminze bis hin zu Schuhleder erkennen sollen. Danach führt sie eine Nasenendoskopie durch. Dies kann man sich ähnlich wie einen Coronaabstrich durch die Nase vorstellen. Caroline Uhl schaut dabei mit einem Nasenendoskop in die Nase der Proband:innen und untersucht das Vorhandensein bzw. die Größe des dort sitzenden Polypen.

Caroline Uhl mit einem Nasenendoskop

Der dritte Test wird Peak Nasal Inspiratory Flow Meter, kurz PNIF, genannt und untersucht das Luftvolumen, das durch beide Nasenlöcher strömt. Dazu setzen die Proband:innen eine Nasenmaske auf und atmen mit geschlossenem Mund nur durch die Nase ein. Eine angeschlossene Skala zeigt die Stärke der Einatmung und gibt somit einen objektiven Parameter zum Luftstrom durch die Nase wieder.

Um das subjektive Empfinden der Proband:innen zu messen, reizen die weiteren Tests den Trigeminusnerv. Dieser Nerv ist wichtig für die Weiterleitung von Sinnesinformationen vom Gesicht zum Gehirn. Gereizt wird er einerseits durch Kohlenstoffdioxid, was normalerweise zu einem Kälteempfinden mit leichtem Kribbeln in der Nase führt. Gesunde und erkrankte Versuchsteilnehmer:innen setzen dafür eine Nasenbrille auf und eine ansteigende Menge von CO2 wird über ansteigende Ventilöffnungszeiten genutzt, um den individuellen Schwellenwert bis zur Wahrnehmung zu bestimmen. Gesunde Proband:innen sollten schneller den Effekt bemerken als erkrankte Patient:innen, jedoch steht eine genaue Auswertung der Ergebnisse noch bevor.

Ein weiterer Reiz für den Trigeminusnerv ist das Einströmen von Eukalyptus. Mit Hilfe eines Quetschers werden zwei Flaschen an die Nase der Proband:innen gehalten und getestet, ob sie einen Reiz durch Eukalyptus spüren. Auch hier sollten gesunde Personen sensibler reagieren als Patient:innen mit einem Polypen. Beim letzten Test strömt Luft durch die Nase der Versuchsteilnehmer:innen, welche nach ihrem Empfinden einschätzen sollen, wie stark oder schwach der jeweilige Luftstrom ist. Ein Anamnesebogen über allgemeine Daten, Beschwerden sowie den generellen Verlauf bildet den Schluss des 1,5-stündigen Versuchs.

Welcher Test ist am geeignetsten?

Ziel der Doktorarbeit von Caroline Uhl ist es herauszufinden, ob und in welcher Form Patient:innen mit einem Nasenpolypen, einer Form von Polyposis nasi, beeinträchtigt sind. Sind Testergebnisse erkrankter Patient:innen abweichend von denen gesunder Proband:innen oder sind Testunterschiede auf das subjektive Wahrnehmen zurückzuführen? Des Weiteren geht man davon aus, dass der für das subjektive Empfinden wichtige Trigeminusnerv trainierbar ist. Spezielle Aufgaben und Tests können seine Empfindlichkeit steigern und so Symptome der Patient:innen lindern und ihnen langfristig helfen.

Aktuell fehlt behandelnden Ärzt:innen meist die Zeit, um die verschiedenen Tests anzuwenden. Eine Auswahl an geeigneten Tests könnte jedoch dazu führen, dass Patient:innen eine individuellere Behandlung erhalten können, je nach ihrem spezifischen Krankheitsverlauf.

Text: Christin Baumgärtel

Zum Titelfoto: Caroline Uhl demonstriert einen der Tests.

Fotos: Amac Garbe

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