Ich bin dann mal weg

Es gibt sicherlich wichtigere Themen als einen Stromausfall, der jetzt auch schon zwei Tage her ist – Afghanistan, Flut, Bundestagswahl. Doch 1. ist dieser Blog sicherlich nicht das Medium, um sich umfassend über Außen- und Innenpolitik sowie den Klimawandel zu informieren (Bitte hier je nach Belieben TAZ, FAZ, Süddeutsche, Tagesschau oder Ähnliches konsultieren – Hauptsache nicht BILD und Mopo), und 2. kann man sich mit so einem Stromausfall auch mal kurz intensiver beschäftigen. Bei mir war das so:

Das Meeting war keine fünf Minuten vorbei, als das WLAN auf einmal weg war. Hm, blöd. Musik aus. Na gut. Arbeiten ohne Internet funktioniert nicht so richtig, also was anderes machen. Mobile Daten? Na ja, nee, Dummkopf! 14 Uhr kann man ja auch schon mal Feierabend machen, wenn‘s sein muss. Montage sind eh doof. Also was kochen. Verdammt! Dann halt Butterbrot. Und endlich mal Papier und Glas wegbringen. Hatte ich schon seit Tagen vor. Der Nachbar wusste schon Bescheid: „Stromausfall, großflächig. War ein Ballon. Hast‘ nichts kaputtgemacht, Marie.“ Okay, Glück gehabt. Dann Geschirr abwaschen, läuft.

Gegen 15 Uhr war alles wieder wie immer. Aber irgendwie auch nicht. Es war schon ein komisches Gefühl, dass da auf einmal der Strom weg war für eine Stunde. Mancherorts kürzer, mancherorts länger. 16 Uhr hatten dann alle wieder Strom. Ich dachte ja gleich an den Tag X. Ich hätte mal doch auf Seehofer hören sollen, als er vor ein paar Jahren gesagt hat, wir sollen uns für den Notfall mit Lebensmitteln eindecken. Aber was kann ich dafür, dass ich keinen Keller und eine viel zu kleine und trotzdem viel zu teure Wohnung habe?  Oder hat die Känguru-Fangemeinde tatsächlich ein Asoziales Netzwerk gegründet und jetzt mal zum Anschlag auf die Dresdner Infrastruktur ausgeholt? Unwahrscheinlich. Dann doch eher in Berlin … Oder hatte das alles damit zu tun, dass der Propagandaminister der AfD in der Stadt war?

Erst nach und nach wurde mir klar, was so ein Stromausfall alles für Folgen haben kann. Richtig mies muss es sein, wenn du gerade mitten in einer Wurzelkanalbehandlung bist. Na gut, dann halt noch eine Spritze, ne? Oder du stehst gerade im Aufzug. Das ist doch der Zeitpunkt, an dem man sich fragt, wieso man immer so faul ist und nicht die paar Treppenstufen genommen hat. Krankenhäuser haben ja zum Glück ein Notstromaggregat, private Pflegestationen mit Menschen an Beatmungsgeräten vielleicht eher nicht. Und da wird das Thema Stromausfall, das für mich eher spannend war und zu diversen Gedankenexperimenten geführt hat, doch auf einmal unangenehm. Ausgefallene Ampeln, stehengebliebene Straßenbahnen, Chaos in Supermärkten und, und, und …

Will sagen: Gut, dass wir Strom haben. Meistens. Mist, dass es immer noch zu großen Teilen Kohle- und Atomstrom ist.

Text: Marie-Therese Greiner-Adam

Foto: Amac Garbe

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