Die Superlative 2021

Wie jedes Jahr, nach Weihnachten und vor dem Jahreswechsel, kommt diese komische Zwischen-den-Jahren-Zeit. Das letzte Jahr neigt sich dem Ende. Man lässt die schmerzlichen, traurigen, frustrierenden, aber auch die schönen, hoffnungsvollen, überraschenden Momente Revue passieren. Wohl kein anderes Jahr wie 2020 ist so unerwartet verlaufen. Kein Wunder, wenn die Erwartungen und Hoffnungen schwer auf den Schultern des Kommenden liegen. Und leider kommt diese große Ungewissheit hinzu, die nur zögerlich Wünsche äußern lässt.

Neben den großen Hoffnungen und Träumen für das gesamtgesellschaftliche Geschehen bestehen nach wie vor auch persönliche Vorsätze: Weniger rauchen, mehr Wasser trinken, endlich mal lernen, wie man Bananenbrot backt, und generell die Zeit mehr nutzen und nicht immer vor dem Fernseher versacken. Mehr Sport treiben und den dicken Wälzer durchlesen, eine neue Sprache lernen oder wenigstens das neulich gelesene Fremdwort im Duden nachschlagen. Anders als die anderen Jahre habe ich nun den Eindruck, dass diese Vorhaben nicht nur zum Jahresende ausgesprochen werden, sondern schon zu Zeiten des Lockdowns. Eine Art Mach-das-Beste-draus-Attitüde.

Um ehrlich zu sein: Diese wohlgemeinte Selbstoptimierung und Nächstes-Jahr-wird-alles-besser-Einstellung setzt mich unter Druck und nervt. Aber man kommt wohl nicht drum herum, sich auf bessere Zeiten und Veränderung zu freuen, insbesondere mit 2020 im Rücken. Aber wenn schon Vorsätze, dann wenigstens welche, die einem wirklich guttun und die man auch umsetzt. Und vielleicht auch etwas Spaß machen. Also hier ein paar Vorschläge:

  • Nicht mehr verkatert zu Online-Meetings erscheinen
  • Aufhören, in Superlativen zu denken
  • Schweigen nicht immer mit einem unangebrachten Flachwitz unterbrechen
  • Machen, nicht reden
  • Erst denken, dann reden
  • Auch mal das Sich-Analysieren lassen, sondern lieber sich selbst genießen
  • Emotionen kommunizieren und nicht erwarten, dass das Gegenüber telepathische Kräfte hat
  • Den Pappbecher gegen die Tasse aus der eigenen Küche eintauschen
  • Eine und nicht drei Sachen gleichzeitig machen
  • Kaugummis und Kippen in den Müllereimer und nicht auf die Straße werfen
  • Sich extravagant kleiden, als wäre man die Hauptrolle in einem 1920er-Jahre-Film
  • Fünfmal statt einmal seinen Geburtstag feiern
  • Liebesbriefe ohne Anlass verschicken
  • Ordentlich rumspinnen: auch Schnapsideen sind Ideen
  • Auf die grüne Wiese legen und in den blauen Himmel gucken
  • Einfach mal ein Lied pfeifen
  • Ganz verrückt: ohne Handy aus dem Haus gehen
  • Eine Dinner-for-one-Party für sich selbst schmeißen
  • Zuhören, nicht reden
  • Verständnis zeigen anstatt Ratschläge äußern
  • Ein Gedicht über Montage verfassen
  • Mit Tütü Skateboard fahren

Ob man die Vorschläge wirklich annimmt oder nicht, ob man überhaupt Vorsätze fasst oder nicht, ist jedem selbst überlassen. Wichtig für mich ist die Leichtigkeit in aller Schwere nicht zu vergessen, den Fokus auf die kleinen und so umwerfenden Dinge zu legen und, auch wenn das Kommende nicht vor Perfektion strotzen wird, mit einem offenen Herzen für Wünsche und Hoffnungen in das neue Jahr hineinzugehen.

Text: Anika Radewald

Foto: Amac Garbe

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