Urlaube und Festivals treiben die meist übersichtlich gefüllten Konten vieler Studierender im Sommer gern mal an den Rand des Trockentoastkonsums. Wie praktisch, dass es auch Festivals gibt, die nicht arm machen und deren Standorten man sich sogar mit dem Semesterticket annähern kann. Wir stellen vier vielfältige, unkommerzielle Festivals in Sachsen vor, die zwischen 13 und 70 Euro für mindestens ein Wochenende, meist sogar drei Tage kosten. Wer also das Geld zurzeit nicht so locker sitzen hat und sich trotzdem gern amüsieren möchte, sollte jetzt weiterlesen. Natürlich gilt das auch für all diejenigen, die von Festivals nicht genug bekommen können.
Alle Mitmischen #11
Das Alle Mitmischen #11, welches vom 13. bis 16. Juni stattfindet, ist streng genommen gar kein Festival, sondern eine Jonglage-Convention, die für alle Menschen geeignet ist, die sich gern bewegen, ihre Kreativität ausleben und staunen wollen. Das Ganze findet am Biedermeier Strand am Schladitzer See in Schkeuditz statt. Im Fokus steht das Miteinander und das Voneinander-Lernen. Für FeuerspielerInnen wird am Abend die Möglichkeit geboten, über sich selbst beim Spiel mit dem Feuer hinauszuwachsen oder andere beim Vorführen von Jonglage- und Tanzfähigkeiten zu bewundern. Somit werden auch die Nächte heiß und hell.
Die Workshops, die tagsüber stattfinden, drehen sich rund um den Körper, Artistik, Meditation, die eigene Stimme, Kunst und Natur. Wer von den schweißtreibenden Aktivitäten eine Abkühlung benötigt, kann sich im See erfrischen. Begeisterung für Bewegung, der Drang, Neues zu lernen, und die eigene Sportlichkeit und Kreativität sind der Kern der Convention.
Der Haynaer Strandverein e. V. bietet AusdruckskünstlerInnen, Bewegungsfreudigen, AmateurInnen und Fortgeschrittenen den Biedermeier Strand am Schladitzer See als Raum zur Entfaltung an. Von Dresden aus kann man mit dem Zug zum Leipziger Hauptbahnhof und von dort aus nach Schkeuditz fahren. Es wird einen Busstopp direkt am Gelände vom Alle Mitmischen geben. 40 Euro kostet dieses artistische Wochenende, Kinder unter 13 Jahren können kostenlos dabei sein und wer nur mal reinschnuppern möchte, kann jeden Abend ab 20 Uhr und Sonntag ab 16 Uhr kostenlos vorbeischneien und mitmischen.
Rock’n Wagon
Am 5. und 6. Juli meldet sich dann das Rock’n-Wagon-Festival aus der sächsischen Provinz Sandförstgen nahe der Autobahnabfahrt Weißenberg der A4 zu Wort. Unter dem Motto „Love Music, Hate Facism“ wird das Dorf im Sommer gerockt. Gefördert von der Amadeu Antonio Stiftung und dem Fonds Soziokultur treten neben dem namhaften Headliner IVAN IVANOVICH & THE KREML KRAUTS auch FCKR, NEXT STEP DOWN und viele mehr auf. BesucherInnen können sich auf einen bunten Mix aus Musikgenres sowie einige Workshops und Aftershow-DJs freuen. In den 16 Euro, welche das Wochenendticket im Vorverkauf kostet, ist auch das Camping inbegriffen. Klaus, einer der Veranstalter des Rock’n Wagon, beschreibt das Festival als „ein do it yourself Punk-, Ska- und Hardcorefestival, das selbstorganisiert und nicht profitorientiert ist“. Neben den Bands gibt es Workshops im künstlerischen Bereich, wie Jonglage und Graffiti, ebenso wie politische Workshops. Klaus erklärt weiter: „Wir wollen auch eine Bühne für Newcomerbands aus der Region bieten. Das Ziel ist es, Toleranz und Menschlichkeit in Sachsen groß zu schreiben und zu stärken.“
In diesem Jahr findet das Festival zum dritten Mal statt. Veranstaltet wird es vom Jugendclub Sandförstgen e. V. und weiteren UnterstützerInnen. Wichtig sei es bei der Mithilfe, dass die Leute Freude an Musik haben und politisches Engagement mitbringen. Der Aufwand, das Festival zu veranstalten, ist nach der Ansicht von Klaus besonders wichtig: „Auf Grund des Rechtsrucks in ganz Sachsen, siehe Europawahl, ist es wichtiger denn je, in Ostdeutschland dagegenzuhalten. Mit dem Festival wollen wir allen Menschen Kraft geben, aktiv zu sein und Gesicht zu zeigen. Wir sind ein Ort der Vernetzung, Solidarität und Toleranz.“ Es geht bei dem Festival also um mehr als nur unterhalten und bespaßt zu werden.
Noch nicht überzeugt? Wir haben Klaus gefragt, warum unsere LeserInnen das Festival besuchen sollten. „Warum nicht? Sie können kleine selbstorganisierte Festivals unterstützen und eine coole Stimmung genießen. Und gute Musik. Und gutes Essen.“ In drei Worten fasst er das Event zusammen als „laut, bunt und vielfältig“.
Ancient Trance Festival
Das Ancient Trance Festival, welches vom 8. bis 11. August stattfindet, sorgt für Entspannung und Energie gleichzeitig. Das von den VeranstalterInnen so genannte Maultrommel- und Weltmusikfestival findet nun zum zehnten Mal statt und kostet im Vorverkauf 70 Euro. Dafür wird einiges geboten. MusikerInnen und KünstlerInnen aus den verschiedensten Teilen der Welt wollen ihre ZuhörerInnen verzaubern und zum Tanzen einladen. ORANGE, AIRTISTS, HUUN HUUR TU und viele mehr warten mit verschiedenartigsten Organic-, Trance-, Reggae- und Tribal-Beats und unzähligen weiteren Musikgenres auf BesucherInnen. Dem Festival geht es um Achtsamkeit, inneres Wachstum, Nachhaltigkeit, Respekt, Offenheit und Frieden.
Was Didgeridoos, Maultrommeln und Hangdrums sind, kannst Du hier live herausfinden. Außergewöhnliche Stände und internationales Essen stehen ebenso zur Verfügung wie Campingplätze und sanitäre Anlagen. Kinder sind herzlich willkommen und wer Erholung benötigt, kann im sogenannten Healing Space Massagen und ähnliches genießen. Zudem gibt es inspirierende Workshops zu erkunden. Du erreichst das Ancient Trance, indem Du mit dem Zug nach Taucha fährst und mit der Tram Linie 3 an der Endstelle Taucha An der Bürgerruhe aussteigst.
Nukstock
Wer denkt, harter Metal, Familienfreundlichkeit und Hippietum passen nicht zusammen, der sollte das Nukstock vom 30. bis 31. August besuchen. So beschreiben es die Veranstalter selbst. Sie wollen eine Art Paralleluniversum zu kommerziellen Events schaffen, die es vor allem in der Metal-Szene relativ häufig gibt. Der Barakka e. V. veranstaltet das Festival, das generationsübergreifend seit 1997 organisiert wird, um Fans der härteren Musik einen Freiraum und gleichzeitig den Sommerabschied zu ermöglichen. Bisher ist die in der Szene bekannte Black-Trash-Metal-Band BITCHHAMMER bestätigt worden. Weitere düstere Klänge können gespannt erwartet werden.
Die Veranstaltung findet im obersorbischen Nucknitz am Steinbruch statt. Sämtliche Informationen zum Festival gibt es dementsprechend auch auf Sorbisch und sogar das MDR-Magazin Wuhladko berichtet über das Musikevent, das nicht zum traditionellen sorbischen Image zu passen scheint und doch viele MuttersprachlerInnen anzieht. Einige der VeranstalterInnen selbst sprechen die Sprache fließend. Wenn Du kein Auto zur Verfügung hast und keine Mitfahrgelegenheit findest, kannst Du mit dem Zug nach Bautzen und von dort aus mit der Buslinie 195 nach Nucknitz fahren. Für günstige 13 Euro kannst Du das Wochenende rocken und in Nucknitz campen.
Natürlich gibt es in Sachsen noch viel mehr Festivals, die kultureller Natur entspringen oder die weit bekannt und kommerziell sind. Dafür braucht man keinen Guide. Die hier vorgestellten Events haben zwar keine weltberühmten Headliner und keinen Abrisscharakter, bestechen aber mit Liebe fürs Detail, Individualität und einem Gemeinschaftsgedanken. Sie machen es möglich, neue Ecken und Nischen zu erkunden, in kleineren Szenen Kontakte zu knüpfen und den eigenen Horizont zu erweitern. Und das ohne von tausenden BesucherInnen zertrampelt, zugemüllt oder überteuert zu sein. Auf große Festivals gehen die meisten Leute ohnehin. Aber manchmal ist es auch Zeit für Neues und um mal wieder etwas zum ersten Mal zu machen. Andernfalls ist das Motiv, etwas Geld zu sparen und trotzdem zu feiern, auch völlig legitim.
Text: Emilie Herrmann
Foto: Amac Garbe