Campuskolumne

Als die neue Große Koalition Anfang April im Schloss Meseberg zur Kabinettsklausur zusammenkam, gab es einige Aufregerthemen. Dauerbrenner – neben Familiennachzug, Pflegenotstand oder etwa der Dieselaffäre – ist der Kohleausstieg. Ohne ihn wird es unmöglich, die Ziele, die im Kyoto-Protokoll festgelegt wurden, umzusetzen – nämlich: Die deutsche Bundesregierung muss dafür sorgen, dass sich die Emissionen bis 2020 um 40 Prozent verringern, bis 2050 um bis zu 95 Prozent.

Schnell war klar, dass eine Kohlekommission her muss, die den Ausstieg regelt. Nur die Zuständigkeiten sorgten und sorgen noch dafür, dass die Kommission ihre Arbeit nicht beginnen kann – sehr zum Nachteil aller, die auf dieser Erde noch eine Weile gut leben wollen. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums bestätigte nun der taz, dass es immer noch keine Einigkeit zum Thema Personalien gäbe und diese Woche auch nicht damit zu rechnen sei, dass das Gremium seine Arbeit aufnimmt. GroKo sei Dank, geht schon seit Jahren nichts voran in Sachen Klimaschutz, von der Abwiegelung der Dieselaffäre ganz zu schweigen.

Bereits in Meseberg wurde über Kompetenzen gestritten: Wer soll die Leitung der Kommission übernehmen? Das SPD-geführte Umweltministerium oder das CDU-geführte Wirtschaftsministerium? Einer ehemaligen Kohle-Lobbyistin wie Svenja Schulze unsere Gesundheit anvertrauen oder Peter Altmaier, der immer wieder mahnt, dass man den Kohleausstieg nicht übers Knie brechen sollte? Na ja, die Gesundheit der Bevölkerung scheint ohnehin niemanden zu interessieren. Oder wie ist es zu verstehen, dass Jens Spahn zum Gesundheitsminister ernannt wurde?

In welchem Ministerium die Kohlekommission angesiedelt wird, ist nicht nur eine symbolische Entscheidung. Es geht um die Ausrichtung der Kommission. Geht es dabei um Umweltschutz oder hauptsächlich die Abwendung von Schaden für die deutsche Wirtschaft? „Der Umwelt- und Klimaschutz darf die Kommission nicht dominieren“, hieß es von Joachim Pfeiffer aus der Unionsfraktion. Ähnlich sieht das wohl auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), nicht grundlos stimmte er gegen eine SDP-geführte Kohlekommission. Woidke und Stanislaw Tillich, Sachsens ehemaliger Ministerpräsident, waren sich in den vergangenen Jahren stets einig, wenn es darum ging, die heimische Kohleindustrie, beispielsweise in der Lausitz, zu unterstützen. Letzterer wurde sogar als einer der drei Vorsitzenden des Gremiums ins Gespräch gebracht. Mitreden kann Tillich, keine Frage. Eine leitende Funktion in der Kommission sollte ihm nicht zugedacht werden. Aber allein der Name der Kommission – „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ – verrät, dass es nicht vorrangig um Klimaschutz gehen soll. Sonst wären die Personalvorschläge mutiger, gar jemand dabei, der sich wirklich mit Klimaschutz auskennt. Von daher ist Tillich eben doch gut aufgehoben, in der Kommission der Kohlefreund_innen.

Fun Fact: Bis zum Jahresende soll der Ausstieg aus der Kohlenutzung erarbeitet werden. Wer’s glaubt …

Text: Marie-Therese Greiner-Adam

Foto: Amac Garbe

Ein Gedanke zu “Campuskolumne

  1. Daran glauben kann man, aber allein mir fehlt der Glaube daran.
    Es ist eigenartig zu hören, zu sehen und selbst bewusst zu verfolgen, wie „Politiker“ weltweit (auch die „Deutschen Politiker“) mit so einem hohen Gut umgehen. Fast nur Lippenbekenntnisse, das Handeln wird durch etwas anderes bestimmt.

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