Wahlspezial: Ja zur Wehrpflicht, Nein zum Euro

In unserem Wahlspezial befragen wir möglichst unabhängig von eigenen politischen und menschlichen Überzeugungen Kandidaten, die in Dresden für die Bundestagswahl am 24. September kandidieren. In der zweiten Folge geht es um Anka Willms, AfD-Kandidatin für den Wahlkreis Dresden II – Bautzen II. Seit Anfang 2015 ist die 40-Jährige Mitglied der AfD – mit einem knappen Jahr Unterbrechung von Anfang bis Ende 2016, weil sie die parteiinternen Strukturen nicht demokratisch genug fand. Die studierte Soziologin arbeitet im Bürgerbüro der AfD in Kamenz. Sie tritt ersatzweise für ihren Parteikollegen Stefan Vogel an, der seine Kandidatur wegen zu geringer interner Unterstützung im April 2017 zurückzog.

Zu welchem der beiden AfD-Flügel zählen Sie sich denn: zum radikaleren um Björn Höcke oder zum moderateren um Frauke Petry?

Eigentlich würde ich mich zu keinem der beiden Flügel zählen. Dennoch habe ich die Erfurter Resolution unterschrieben [Anm. d. Red.: Im März 2015 forderte u. a. Björn Höcke in der Resolution eine konservativere Ausrichtung der AfD.], genauso wie den Antrag auf Nichtbefassung mit Frau Petrys Zukunftsantrag [Anm. d. Red.: In dem Antrag sollte es im April dieses Jahres um die künftige Ausrichtung der Partei und damit auch die Akzeptanz des radikalen Flügels in der AfD gehen.]. Ich hätte es schwierig gefunden, wenn wir uns für eine der beiden Richtungen hätten entscheiden müssen. Deswegen war es das Beste, den Vorschlag nicht zu diskutieren. Die Debatte um die zwei Parteiflügel ist eine aufgezwungene Scheindebatte. Klar haben wir diese beiden Flügel in der AfD, aber wir haben auch eine gemeinsame Schnittmenge – eine Einheitspartei gibt es halt nicht. Die Grünen haben sich früher geprügelt bei ihren Parteitagen.

Welches Fazit ziehen Sie aus den vergangenen vier Jahren der Politik in Deutschland?

Puh, da ist schon eine Menge schiefgelaufen. Der Hauptangriffspunkt dabei ist ja eigentlich Merkel. Zum Beispiel wie sie sich in der Flüchtlingskrise über geltendes Recht hinweggesetzt und einfach die Grenzen geöffnet hat. Und bei der Energiewende haben die Politiker auch alles falsch aufgezäumt. Das geht einfach nicht über staatliche Interventionen. Das ist übrigens ein Thema, bei dem ich nicht ganz auf der Linie der AfD bin: Ich bin wegen der Risiken und der ungeklärten Endlager-Frage gegen Atomkraft. Die Euro-Rettungspolitik hat uns auch unnötig viel gekostet. Andere Staaten vor der Insolvenz zu bewahren, das dürfen die Staaten nach den Regeln der EU eigentlich gar nicht. Ein Euro-Ausstieg wäre die bessere Lösung gewesen. Hätten beispielsweise Italien und Griechenland eine eigene Währung, könnten sie ihre Wirtschaft viel besser regulieren. Der Euro ist zu stark für diese Länder. Und für uns in Deutschland ist er zu schwach. Wir verschenken unsere Produkte quasi ins Ausland.

Aber wenn es keine Einheitswährung gäbe und Deutschland dann entsprechend eine noch stärkere und beispielsweise Griechenland eine schwächere Währung hätten, würde das nicht die Wirtschaftsprobleme dieser Länder nur vergrößern?

Ja, natürlich, zumindest in der Anfangsphase einer Umstellung wäre das so. Aber die Rettungsgelder kommen ja auch nicht wirklich bei den Leuten an, sondern nur bei den Banken.

Welches Projekt wollen Sie in Berlin als erstes in Angriff nehmen?

Praktisch ist das als einzelne Abgeordnete natürlich schwierig – man müsste erst mal dafür sorgen, dass man in die entsprechenden Ausschüsse gewählt wird. Ich würde am liebsten in den Innenausschuss gehen, um dafür zu sorgen, dass die vorhandenen Einwanderungsgesetze endlich umgesetzt werden. Merkels Grenzöffnung muss rückgängig gemacht werden. Ein Grenzübertritt aus sicheren Drittstaaten muss wieder als das gelten, was er ist, nämlich illegal. Zur Not müssen wir die Binnengrenzen wieder kontrollieren – wir haben ja bei G20 gesehen, dass es geht.

Was sind denn heute in Ihren Augen die größten Sorgen junger Leute und wie wollen sie diese angehen?

Ich bin mir unsicher, was junge Leute heutzutage so beschäftigt. Das Thema Rente und die Katastrophe, in die wir da laufen, müsste ja einigen Sorgen machen. Für die Jugend ist vielleicht die zukünftige Arbeitsmarktsituation interessant. Für uns war es damals selbst als Akademiker schwierig – Stichwort unbezahlte Praktika. Momentan sind wir als relativ junge Partei noch bei den ganz großen Themen, denen, die wirklich aktuell dringend angegangen werden müssen. Solche Themenkomplexe wie Politik für junge Leute – da sind wir noch am Diskutieren, wie wir uns festlegen. Aber gerade das ist vielleicht für junge Leute auch interessant: Wir haben noch nicht so eingefahrene Strukturen und eine flachere Hierarchie als andere Parteien. Wer sich engagieren will, kann bei uns selbst Politik mitgestalten – teilweise haben unsere Kreisverbände sogar noch Probleme, Delegierte für Landesparteitage zusammenzubekommen.

Ihre Einstellung zum Militär und insbesondere zur Wehrpflicht dürfte für junge Leute interessant sein.

Wir sind für die Wiedereinführung der Wehrpflicht für Männer, damit sich in der Armee ein Querschnitt der Bevölkerung wiederfindet. Die, die sich für das berufsmäßige Soldatentum interessieren … das ist ja ein bestimmtes Klientel, auch bildungsmäßig. Da sind Leute, die das wollen, aber auch Leute, die keine andere Chance haben. Mit der Wehrpflicht wäre die Armee wieder eine bunt gemischte Truppe – von Hartz-IV-Empfängern über Immigranten bis hin zu jungen Männern aus „besseren Kreisen“. Da gäbe es dann auch einen gewissen integrativen Faktor. Die Chance auf einen Ersatzdienst außerhalb der Bundeswehr müsste aber vorhanden sein. Obwohl wir für die Wehrpflicht sind, sprechen wir uns übrigens gegen Auslandseinsätze aus. Die deutsche Armee ist eine Verteidigungsarmee, da darf es keine Auslandseinsätze geben. Ich persönlich sehe auch die Nato sehr kritisch: Ein Austritt steht bei uns zwar nicht im Parteiprogramm, aber ich bin dafür. Die Nato steht mittlerweile ja quasi an der russischen Grenze. Das birgt ein riesiges Konfliktpotenzial.

Ebenfalls ein Thema, das auch junge Menschen beschäftigt: Wie stehen Sie zur Meldepflicht für Abtreibungen, die die AfD ja in ihrem Wahlprogramm fordert?

Oh, das ist ein heiß diskutiertes Thema in unserer Partei, bei dem ich auch nicht ganz auf Linie des Wahlprogrammes bin. Ich finde, wenn sie einen guten Grund hat, ist es das gute Recht einer Frau abzutreiben. Vor hundert Jahren haben sich die Mütter ungewollter Kinder häufig selbst umgebracht. Meistens gibt es für eine Abtreibung ja schwerwiegende Gründe. Man unterstellt uns Frauen gern, dass wir mal eben so zum Arzt gehen und abtreiben lassen – eine Frechheit! Die Beratung, die man vor einer Abtreibung machen muss, ist sehr differenziert und rät eben nicht einfach zum Abtreiben. Aber bei uns in der AfD ist man leider sofort die Emanze vom Dienst, wenn man das sagt. Obwohl ich nicht den Eindruck habe, dass eine Mehrheit in der AfD ein strengeres Abtreibungsrecht will. Ich denke, dass sich das in den kommenden Jahren entschärfen dürfte.

Was muss denn in der Gleichstellungspolitik noch getan werden?

Wenn man sich anschaut, was in den letzten 150 Jahren in Sachen Frauenrechte passiert ist, dann haben wir juristisch und formell schon Chancengleichheit erreicht, finde ich. Wenn es zum Beispiel um Bemerkungen geht, die einige Leute als sexistisch empfinden – natürlich habe ich damit auch Erfahrungen gemacht. Da darf man einfach nicht das Opfer spielen, finde ich. Wenn man sich wehrt, gern auch mal laut, dann sehen Männer einen auch als gleichberechtigt an. Und falls Sie jetzt an den Lohnunterschied gedacht haben: Es ist ja auch so, dass Frauen sich eher für die sozialen Berufe entscheiden, die eben meist auch schlechter bezahlt sind. Und dann geht beispielsweise auch die Babypause mit in die Lohnstatistik ein.

Was halten Sie als Alleinerziehende von der Forderung der AfD, Einelternfamilien nicht mehr bedingungslos zu fördern und, wie es im Parteiprogramm steht, „als normalen, fortschrittlichen oder gar erstrebenswerten Lebensentwurf zu propagieren“?

Kinder alleine großzuziehen, das ist ja selten eine freie Entscheidung. Ein Kind braucht Vater und Mutter – auch für die Erziehung. Alleinerziehend zu sein hat ja auch finanzielle Nachteile: Nach einer Scheidung rutscht man in die Steuerklassen als Alleinverdiener rein, was dann häufig die Ursache von Kinderarmut ist. Eine Einelternfamilie ist also statistisch gesehen normal, aber nicht erstrebenswert. Und ich finde schon, dass die Position der AfD da fair gegenüber alleinerziehenden Eltern ist. Vor allem was die steuerlichen Nachteile betrifft, wollen wir Alleinerziehende entlasten.

Sie haben sich intensiv mit dem Thema Islam auseinandergesetzt. Was ist es konkret, das Sie am Islam kritisieren?

Zum Beispiel – wo wir gerade bei Frauen sind – die Verschleierung und insgesamt die Rolle der Frau im Islam. Es kann mir keiner sagen, dass die Frauen das freiwillig machen. Es ist auch kein Zufall, dass die schärfsten Islamkritiker direkt aus dem islamischen Kulturraum kommen. In meinen Augen ist der Islam ganz einfach eine totalitäre politische Ideologie zur Weltbeherrschung. Ungläubig zu sein ist im Koran schlimmer als Mord. Es wird auch eindeutig dazu aufgefordert, Ungläubige umzubringen, wenn sie sich dem Islam nicht unterwerfen. Klar gibt es auch den moderaten Islam, aber insgesamt wird der sich nicht durchsetzen. Das ist ja in den islamischen Ländern auch nicht passiert. Da mangelt es einfach an Protest von der friedlichen Mehrheit. Wenn die nicht den innerislamischen Kampf aufnimmt, hat der moderate Islam keine Chance.

Wie machen Sie zurzeit Wahlkampf?

Das ist eine gute Frage, denn die Sache gestaltet sich schwierig. Bei großen Parteien läuft der Wahlkampf sehr professionell. Bei uns muss sich jeder selbst darum kümmern – und für mich ist das noch mal schwieriger, weil ich so spät erst Kandidatin geworden bin. Unser Budget ist leider sehr klein. Mit den Plakaten ist da schon die Hälfte weg. Mein Wahlkampfteam habe ich jetzt zusammen, aber wir können keine großen Sprünge machen. Unser Fokus liegt auf Infoständen, wobei ich den Eindruck habe, dass keiner an unserem Stand gesehen werden will. Gefühlt kommt immer dann niemand an den Stand, wenn wir an einer öffentlich einsehbaren Stelle stehen. Ich finde aber, dass es das Wichtigste ist, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Deswegen werden wir auch in einer oder zwei Gemeinden mit Infomaterial von Haus zu Haus tingeln.

Wie stehen Sie denn zum Vorwurf der Lügenpresse?

Ich habe schon den Eindruck, dass mit Fakten momentan …, na ja, „kreativ“ umgegangen wird. Früher haben Journalisten gelernt, dass sie sich nie mit einer Sache gemein machen sollen, auch wenn es eine gute ist. Heute gibt es viel Meinung in Texten. Es hat sich eine andere Kultur durchgesetzt: Man will eine Geschichte erzählen, Spannung aufbauen – das geht ohne Tendenz nicht. Allerdings habe ich das Gefühl, dass es in letzter Zeit einen klitzekleinen Trend zur Besserung gibt und Journalisten sich wieder um Objektivität bemühen. Ich glaube auch nicht, dass die Journalisten diese Fehler absichtlich machen oder dass den Medien gesagt wird, was sie schreiben sollen. Das hat sich einfach mit der Zeit so entwickelt. Viele große Zeitungen deutschlandweit sind in der Hand der SPD. Natürlich sympathisiert dann auch die Mehrheit der Berufsjournalisten mit der SPD oder den Grünen.

Interview: Alisa Sonntag

Foto: Amac Garbe

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