Am 21. Dezember ruft die AG Kurzfilm bereits das fünfte Mal zum bundesweiten Kurzfilmtag auf. Verschiedenste kurzweilige Filmerzeugnisse werden dann auch wieder die Stadt Dresden erobern. Grund genug für Campusrauschen, einmal bei zwei involvierten Studenten nachzufragen, was den kurzen Film denn für sie so auszeichnet.
Man stelle sich einmal vor, Kurzfilme hätten einen dominanten Platz in den Kinos dieser Welt, würden tagtäglich über die Leinwand flimmern und von Millionen von Menschen gesehen werden. Heutzutage bleibt einem tatsächlich nichts anderes übrig, als sich solch eine Situation vorzustellen, denn die Realität sieht anders aus. Filme mit einer Laufzeit von unter sechzig Minuten fristen geradezu ein Nischendasein auf den großen Leinwänden dieser Welt, sind zumeist auf spezielle Veranstaltungen wie Filmfestivals angewiesen und demnach lediglich einem begrenzten Kinopublikum zugänglich.
Einmal von den kleinen niedlichen Filmchen abgesehen, die große Animationsfirmen mitunter vor ihren eigentlichen Hauptfilmen laufen lassen, scheint dem kurzen Film sonst nur noch der Ausweg über das Internet geblieben. Dennoch gab es wohl eine Zeit, in der Kurzfilmproduktionen noch alle Lichtspieltheater für sich eingenommen haben. Die Filmgeschichte wagt es sogar zu behaupten, dass der kurze Film der eigentliche Ursprung des langen ist. Wie konnten sich also Kino und Kurzfilm derart voneinander entfernen? Hat letzterer gar keine Relevanz mehr als flächendeckendes Kinoevent? Der Kurzfilmtag, welcher durch die AG Kurzfilm als Bundesverband des deutschen Kurzfilms seit 2012 von Dresden aus koordiniert wird, scheint dem eindeutig widersprechen zu wollen. Dieser findet stets am 21. Dezember statt, dem kürzesten Tag des Jahres, und erstreckt sich über viele verschiedene Spielorte in beinahe ganz Deutschland.
Deborah Kunze bedauert es, dass der kurze Film oftmals eine Randerscheinung fristet, und sieht gerade darin die Bedeutung der Aktion begründet. „Der Kurzfilmtag ist ein wichtiger Anreiz für Kinobetreiber und auch Privatpersonen, überhaupt auch mal Kurzfilmproduktionen zu zeigen“, stellt die 20-jährige Studentin der Kommunikationswissenschaften fest. Oliver Effland gefällt dabei vor allem die Idee, jenes besondere Datum für diesen Zweck zu nutzen. „Wenn viele Kinos in vielen Städten am kürzesten Tag des Jahres gleichzeitig verschiedene Kurzfilme zeigen, hinterlässt das einen starken Eindruck“, bringt es der 21-jährige Informatikstudent auf den Punkt.
Es ist nicht überraschend, dass die beiden Studenten der TU Dresden an den Kurzfilmtag und seine Bedeutung glauben: Effland und Kunze haben sich beide dazu bereiterklärt, zusammen mit vier weiteren jungen Menschen und Jugendlichen in Zusammenarbeit mit der AG Kurzfilm zwei Kurzfilmprogramme für den 21. Dezember auf die Beine zu stellen. Eines der Programme soll sich vor allem an Schulklassen richten, das andere eher an junge Menschen ab 13 Jahren. Beide Veranstaltungen finden in der Schauburg Dresden statt. Für die zweite um 17 Uhr gibt es auch noch Karten. „Es geht vor allem darum, dass junge Menschen ihre eigene Perspektive zeigen“, meint Deborah Kunze. Oliver Effland möchte jedoch keine endgültige Einschränkung des Publikumsalters vornehmen: „Die Filme, die wir ausgesucht haben, funktionieren genauso für Teenager wie auch für Dreißigjährige.“
Deborah Kunze beschäftigt sich nun schon eine Weile mit dem Medium Film, hat bereits selbst filmisch gearbeitet und war dieses Jahr Teil der Jugendjury beim Filmfest Dresden – weshalb sie auch von der AG Kurzfilm angesprochen wurde. Kunze war es dann, die Oliver Effland ins Boot geholt hat. Die beiden kennen sich von ihrer gemeinsamen Tätigkeit beim studentischen Kino im Kasten. Filme sichten, aussuchen, das Programm zusammenstellen, Filmemacher einladen und dieses dann auch noch bewerben, alles neben Studium und anderen Verpflichtungen – das Zusammenstellen eines Kurzfilmprogramms bringt einiges an Organisationsarbeit mit sich. Das Vergnügen scheint den Aufwand letztlich jedoch klar überwogen zu haben: „Es ist sehr reizvoll, mehrere Kurzfilme hintereinander zeigen zu können, denn über die Festlegung der Reihenfolge kann man ein bisschen mit den Gefühlen der Zuschauer spielen. Trauer, Freude, Lachen und Weinen liegen da sehr nah beieinander“, sagt die junge Kommunikationswissenschaftlerin. Für Oliver Effland war es ebenfalls wichtig, ein möglichst abwechslungsreiches und kurzweiliges Programm zusammenzustellen, denn so sei dann „für jeden Geschmack etwas dabei. Und falls ein Film jemandem mal nicht so gefallen sollte, kommt danach ja direkt ein ganz anderer.“
Auf die Frage hin, was denn einen Kurzfilm auszeichne, zeigt sich, dass er sich keinesfalls hinter seinem großen Bruder verstecken muss. Für Oliver Effland liegt die Würze hier sprichwörtlich in der Kürze: „Das Faszinierende daran ist ja, dass ein Filmemacher den Zuschauer innerhalb weniger Sekunden für sich einnehmen muss.“ Zudem würde das Medium die Möglichkeit bieten, eine bestimmte filmische Idee so direkt wie möglich umzusetzen. Für Deborah Kunze ist es da mit einer bestimmten Idee alleine nicht getan, zumindest nicht, wenn diese nicht auch in eine dichte Geschichte eingebettet ist. „Beim Langspielfilm darf es ruhig auch mal so was wie Längen geben, in einem Kurzfilm darf rein gar nichts überflüssig sein“, stellt die Studentin fest. Dafür blieben ihr gute Kurzfilme mitunter viel länger im Gedächtnis als gelungene längere Produktionen. Davon können sich Interessenten am 21. Dezember nicht nur in der Schauburg überzeugen. In Dresden und ganz Sachsen laden an diesem Tag eine Vielzahl von Kurzfilmveranstaltungen dazu ein, gemeinsam kleine Filme auf großer Leinwand zu bewundern.
Text: Carl Lehmann
Foto: Amac Garbe
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