Waco, Texas, 1993. Auf einem abgelegenen Stück Land, zwischen zusammengeschusterten Häusern und Ställen, versammeln sich Menschen um Lamb, einen Mann, der sich „Sohn Gottes“ nennt. Familien, vor allem Frauen und Kinder, strömen zu ihm, weil sie in ihm einen Propheten sehen. Es wird gebetet, es gibt Bibelunterricht, und bald entsteht eine Art Ersatzfamilie. Was in Bret Anthony Johnstons Buch, erschienen im Juli 2025 im C.H. Beck Verlag, nach Idylle klingt, wird bald zum Alptraum. Hinter der Fassade des scheinbar unschuldigen Lebens stecken Gewalt und Manipulation.
Ein Leben zwischen Zweifel und Abhängigkeit
Jaye und ihre Mutter verlassen den Vater und folgen Lamb nach Waco. Doch während ihre Mutter Trost und Hoffnung in der Gemeinschaft findet, bleibt Jaye skeptisch. Sie beobachtet das Geschehen mit einem klaren und nüchternen Blick. Je länger sie dort lebt, desto deutlicher spürt Jaye die Brüche zwischen Glaube, Manipulation und der Gefahr, die in der vermeintlichen Geborgenheit steckt.
Auf einer Waffenschau begegnet sie Roy, dem Sohn des örtlichen Sheriffs. Für Jaye ist das eine Begegnung, die ein Stück Realität außerhalb der Ranch bedeutet. Zwischen ihr und Roy entsteht eine moderne Romeo-und-Julia-Geschichte.
Basiert auf wahren Ereignissen
Das Buch ist inspiriert von den tatsächlichen Geschehnissen in Waco 1993, als David Koresh eine Sekte anführte, deren Geschichte in einer Tragödie endete. Der Autor, heute Direktor des Michener Center for Writers an der University of Texas in Austin, baut die Handlung behutsam auf. Aus der anfangs fremden Welt der Gebete, Bibelstunden und Gemeinschaft wächst eine Geschichte voller Spannung, Angst und unausgesprochenem Druck.
Langsam, intensiv, unvergesslich
„We Burn Daylight“ ist kein Thriller und trotzdem ein Buch mit stetig wachsender Spannung. Gerade weil die Geschichte langsam an Fahrt gewinnt, entwickelt sie eine beklemmende Intensität. Man weiß, dass etwas passieren wird. Perfekt für Lesende, die tiefgründige, auf realen Ereignissen basierende Geschichten suchen. Ein Roman, der lange nachhallt und zeigt, wie dünn die Grenze zwischen Hoffnung und Unterdrückung sein kann.
Text: Alexandra Caspar
Foto: Amac Garbe