Campuskolumne

„Für mich vegetarisch, bitte!“ Diesen Satz habe ich im Verlauf der vergangenen anderthalb Jahre bestimmt schon sehr oft gesagt. Egal ob beim Mittagessen mit der Familie, im Restaurant oder wenn ich mir mit Freunden an einem gemütlichen Abend eine Pizza bestelle: Fleisch und Fisch sind schon lange nicht mehr auf meinem Teller gelandet. Der Grund dafür ist eigentlich ganz einfach: Ich habe mich dafür entschieden, vegetarisch zu leben.

Am Anfang fiel es vor allem meinem Umfeld schwer, sich daran zu gewöhnen. Und auch heute finde ich mich ab und an in Situationen wieder, wo ich meine Lebensweise und die Gründe dafür erklären muss. Sprüche wie „Ihr Vegetarier esst meinem Essen das Essen weg.“ bringen mich nur noch zum Schmunzeln. Allerdings habe ich das Gefühl, dass Vegetarismus und Veganismus nicht zuletzt durch das Aufkommen von Organisationen wie Fridays for Future und die Klimadebatte immer stärker thematisiert werden.

An sich nichts Schlechtes, wie ich finde. Der Klimawandel ist ein Thema, vor dem niemand die Augen verschließen sollte. Und für manch einen scheint der Verzicht auf tierische Produkte der Schlüssel zur Lösung all unserer Probleme zu sein. Doch wie würde unsere Welt aussehen, wenn wir alle von heute auf morgen vegan leben würden?

Die Massentierhaltung trägt einen großen Teil zum CO2-Ausstoß auf unserer Erde bei. Futtermittelanbau und Fleischverarbeitung verbrauchen Massen von Ressourcen, Flächen und Wasser. Allein um genug Futter für Milliarden Nutztiere anzubauen, beansprucht die Fleischindustrie rund 83 Prozent der von ihr genutzten Fläche, die unter anderem durch die Abholzung des Regenwaldes geschaffen wird. Um das Ganze vielleicht etwas mehr zu veranschaulichen: Für die Produktion von einem Kilogramm Fleisch werden rund 16.000 Liter Wasser, im Durchschnitt 12 Kilogramm Futter und 1.030 Quadratmeter Fläche benötigt.

Tatsächlich hat die University of Oxford vor einigen Jahren eine Studie zu dem Thema veröffentlicht. Wenn wir kein Fleisch mehr konsumieren würden, würde uns mehr Fläche, Wasser und Nahrung zur Verfügung stehen. Armut, Hunger und Klimawandel würden abgebaut. Wir würden in einer besseren Welt leben. Oder? So einfach ist es leider nicht.

Wenn wir unser Gedankenexperiment weiterspinnen, müssen wir uns neben den positiven auch den negativen Aspekten widmen. Zum einen würden tausende Arbeitsplätze wegfallen, es gäbe plötzlich viel zu viele Tiere und die Frage, ob die neu gewonnenen Flächen wirklich für den Nahrungsmittelanbau genutzt werden würden, lässt sich auch nicht 100-prozentig mit Ja beantworten. Hinzu kommt, dass in manchen Kulturen ein Verzicht auf Fleisch leichter wäre als in anderen. Fleisch kann, so komisch es klingt, tatsächlich als Statussymbol fungieren, was den Verzicht erschwert, wie der Soziologe Daniel Kofahl feststellt. Abgesehen davon ist es heute so einfach wie noch nie, sich vegan oder vegetarisch zu ernähren. Supermärkte bieten ein breites Angebot an Gemüse, Obst oder auch Fleischersatzprodukten, die den Umstieg erleichtern.

Abgesehen davon, dass die Welt nicht plötzlich vegan wird, finde ich es wichtig, über das Thema zu sprechen. Und der vegane Lebensstil ist mit dem Ziel der Klimarettung nur einer von vielen möglichen Wegen. Ich finde, dass das Vegansein ein guter Trend ist und es nicht schadet, wenn man sich darüber informiert und versucht, auf seinen Fleischkonsum zu achten. Denn egal ob Fleischesser, Veganer oder Vegetarier – im Grunde will doch niemand von uns der Erde oder einem Tier Leid zufügen. Dafür ist es allerdings nicht notwendig, dass jeder von heute auf morgen vegan wird. Es reicht schon, wenn wir einmal weniger in der Woche Fleisch essen, Müll trennen oder versuchen, beim Einkaufen auf Plastik zu verzichten. Jeder Regen fängt mit einem Tropfen an und jeder kann ein klein wenig dazu beitragen.

Text: Paula Richter

Foto: Amac Garbe

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