Prunk soweit das Auge reicht. Vergoldete Silbermöbel, imposante Kronleuchter und dazu ein fast einhundert Quadratmeter großes Deckengemälde. Betritt man das Audienzgemach Augusts des Starken, fällt es schwer, den Blick ruhen zu lassen. Zu viel gibt es zu entdecken, zu beeindruckend ist die Raumwirkung. Macht und Reichtum strotzen aus jeder Ecke. Doch wenn man hier einmal angelangt ist, hat man bereits einiges mehr gesehen. Denn das Audienzgemach gehört zu einer ganzen Reihe von Paraderäumen im Residenzschloss, die im September 1719 anlässlich der Hochzeit von Kurprinz Friedrich August und der Kaisertochter Maria Josepha von Österreich durch August den Starken eröffnet und später im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört wurden. Nun, genau 300 Jahre nach ihrer einstigen Einweihung, sind die aufwendig rekonstruierten Räume wieder in ganzer Pracht zu sehen.
Auf dem Weg in die Paraderäume gelangen die Besucher zunächst in das Turmzimmer im Hausmannsturm, wo sich für etwa zehn Jahre das Silberbuffet befand, bevor es in den 1720er-Jahren ins Grüne Gewölbe verlegt wurde. Stattdessen diente der rund einhundert Quadratmeter große Raum anschließend der Präsentation kostbaren Porzellans, zum Großteil aus der Meißner Manufaktur. Etwa 700 Porzellane wurden hier im 18. Jahrhundert auf den goldenen Konsolen ausgestellt, nur ein Bruchteil ist heute noch vorhanden, was die zahlreichen Lücken in dem wieder geöffneten Turmzimmer erklärt. Auch wenn viele der Stücke fehlen, wurde der Raum selbst so originalgetreu wie möglich rekonstruiert. Als Vorlage dafür diente unter anderem eine historische Aufnahme von 1896, die den damaligen Zustand des Zimmers zeigt. Was die farbliche Gestaltung anbelangt, hatte man ebenfalls Glück: So konnten auf der Rückseite einer Konsole Rückstände der roten Wandfarbe sichergestellt werden, die dann nachempfunden wurde.
Weiter geht der Rundgang in den Eckparadesaal, der das Entree zu den Paraderäumen darstellt und in dem 1719 das Schauessen des Brautpaares stattfand. Von hier erreicht man die beiden Retiraden, private Rückzugsräume, in denen heute die königliche Garderobe Augusts des Starken ausgestellt ist. Unter den acht originalen Gewändern befindet sich auch das goldene Gewand, das der sächsische Kurfürst zum Bankett anlässlich seiner Krönung zum polnischen König 1697 in Krakau trug. Durch das 1. und 2. Vorzimmer kommen die Besucher schließlich in das Audienzgemach und das angrenzende Paradeschlafzimmer. Letzteres beherbergt ebenfalls ein beinahe einhundert Quadratmeter großes Deckengemälde und diente tatsächlich nie als Schlafzimmer, sondern als Ort für Gespräche unter vier Augen. Die beiden Deckengemälde im Audienzgemach und Paradeschlafzimmer, die ursprünglich von Louis de Silvestre stammten, wurden von dreizehn Malern rekonstruiert. Den Abschluss der Raumfolge bilden das Kleine und Große Bilderkabinett, in dem Herrschaftsinsignien der sächsisch-polnischen Union präsentiert werden.
Mit den Paraderäumen ist das „Herzstück“ des Residenzschlosses, so Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, und Dr. Eva-Maria Stange, Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, ab dem 28. September wieder öffentlich zugänglich. Seit 2016 haben 300 Firmen, Fachplaner, Restauratoren, Künstler, Gutachter und wissenschaftliche Institute auf diesen Tag hingearbeitet, wobei 35 Millionen Euro in die Wiederherstellung der Paraderäume und 5,4 Millionen Euro in die Rekonstruktion des Turmzimmers flossen. Damit sind nun 80 Prozent der Ausstellungsflächen im Residenzschloss eingerichtet, bis 2023 soll der übrige Teil im Wesentlichen abgeschlossen werden. Mehr und mehr wird damit Geschichte wieder lebendig.
Erstmals für die Besucher geöffnet werden die Paraderäume am kommenden Wochenende. Am Samstag (28.9.) ist der Eintritt von 16 bis 21 Uhr frei, gleiches gilt am Sonntag (29.9.) von 10 bis 20 Uhr. Die limitierten Zeitkarten hierfür sind bereits vergriffen, Restkarten können jedoch an der Tageskasse erworben werden. Der Eintritt in die weiteren Museumsbereiche des Schlosses ist mit Ausnahme des Historischen Grünen Gewölbes an diesem Wochenende von 10 bis 18 Uhr ebenfalls frei.
Text: Marie-Luise Unteutsch
Foto: Amac Garbe