Es war 2007, als die Ostrale auf dem Erlwein-Schlachthofgelände im Ostragehege seine Geburtsstunde erlebte. Und in den ersten Jahren machte der Ort den besonderen Reiz aus. Der dunkle Heuboden samt Stoffzeppelin, verschlungene Pfade zur Fettschmelze, verkrustete Wände herinnen. Fett und Blut waren allgegenwärtig, das krasse Gegenteil vom White Cube. Der Ausstellungsbesuch: eine Entdeckungsreise für alle Sinne. 2017 dann die vorerst letzte Ostrale auf dem Gelände, dass der Ausstellung ihren Namen gab.
Nun findet die Ostrale als Biennale statt und heuer erstmals in der alten f6-Zigarettenfabrik in Striesen, wo sie ähnlich abgelegen von Touristenströmen liegt wie damals im Schlachthof. Weiße Wände sind hier zugegen, kontrastieren aber mit altem Büroteppich, Prüflisten für Handhubwagen und Wandetiketten für „Schrupper“, „Saalbesen“, „Handfeger“, „Stubenbesen“, „Kehrschaufel“. Wer entdecken will, wird also auch hier fündig – natürlich auch bei den Kunstwerken.
Christian Holtmann z. B. reißt Buchstaben und Worte aus ihrem Zusammenhang, gestaltet pure Listen zu Mickymäusen um und klebt Buchstaben zu scheinbar erpresserischen Briefen zusammen. Peter Kees hingegen steckt in aller Herren Länder ein winziges Stück Land ab und erklärt es zum Zufluchtsort, was bei den Regierungen mal für Gelächter sorgt, manchmal aber nicht einmal eine Antwort provoziert. Frenzy Höhne hingegen bedruckt blumiges Tafelgeschirr mit mehr oder weniger sinnigen Sprüchen, die über die Wirkung von Phrasen sinnieren lassen.
Bei der ersten Interpretation dieser Werke hilft ein ausführliches Begleitheft, dass zu jedem ausgestellten Stück eine Beschreibung beinhaltet und nach dem Zusammenhang mit dem Ausstellungsleitgedanken „ismus“ fragen lässt. „Ismen werden zumeist als Dogmen, Gegenüberstellung, Kunstbegriff, Gesellschaftswerte eingesetzt. Immer vom Menschen hervorgebracht, sind sie auch Abgrenzungen zu anderen Weltbildern“, heißt es dazu in der Ankündigung der Schau.
Deutlich wird dies auch in den Satellitenausstellungen der Kunstbiennale, die über die ganze Stadt verteilt sind. Die meisten sind kostenfrei zu besuchen, der Teil in der Gedenkstätte Bautzner Straße im ermäßigten Ostrale-Eintritt von zehn Euro inbegriffen. Es gibt also noch viel zu entdecken bis zum 1. September, wenn die Ostrale für zwei Jahre wieder ihre Tore schließt.
Text: Nadine Faust
Fotos: Amac Garbe
Danke für den wertvollen Artikel! Sehr schön Tipp.
Lieber Leon,
vielen Dank! Allerdings ist der Artikel aus dem vergangenen Jahr. Nicht, dass Du vor verschlossenen Türen stehst!