Vielfalt an der Uni? Ausbaufähig!

#MeToo twitterten in den vergangenen Wochen viele tausend Frauen. Das Thema Sexismus wird also wieder einmal öffentlich diskutiert. Ob sich ein Parlament mit einem Frauenanteil von nur 31 Prozent gegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts stark machen wird, ist fraglich. An der TU Dresden (TUD) setzt sich der Studentenrat (StuRa) für Gleichstellung ein und organisiert auch dieses Jahr wieder die Aktionstage gegen Sexismus und Homophobie, vom 12. November bis 9. Dezember.

Am Freitag (10. November) gehen die Diversity Tage der TU Dresden zu Ende, am Sonntag (12. November) beginnen bereits die Aktionstage des StuRa gegen Sexismus und Homophobie. Viel Aufmerksamkeit für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt also. Die TUD verfügt seit 2012 über eine Stabsstelle Diversity Management und hat im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften engagierte Professor_innen, die Geschlechterforschung betreiben. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung findet jedoch in allen Lebensbereichen statt und „Alltagssexismus ist an der TU genauso verbreitet wie woanders auch“, weiß Annett Petzold. Die 25-Jährige ist Referentin im Geschäftsbereich Gleichstellungspolitik des StuRa der TUD.

Die Bemühungen der TU für Gleichstellung und Antidiskriminierung würde sie gerne intensivieren: „Es gibt zwar ein Diversity-Konzept – ich halte es aber für ausbaufähig. Es enthält viele hohle Phrasen und unheimlich viele große Worte, aber kaum konkrete Maßnahmen. Die TU versteht unter Diversity hauptsächlich Familienfreundlichkeit.“ Tatsächlich strebt die TU Dresden laut ihrem Diversity-Konzept Internationalisierung, eine gute Integration von Beschäftigten mit Behinderung, Familienfreundlichkeit und die Förderung von Frauen an. Insgesamt vereint es die Kerndimensionen Geschlecht, Gesundheit, ethnische und soziale Herkunft, Weltanschauung, Alter und sexuelle Identität. Braucht es daneben vielleicht einen uni-internen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie?

Die diesjährigen Diversity Tage setzten jedenfalls den Fokus auf Geschlechterkategorien und wollten den Blick weiten für alle Menschen, die nicht in die Schubladen „weiblich“ und „männlich“ passen und passen wollen. So widmet sich am 10. November (19 Uhr) die Lesung „Weggehen und Ankommen – Lebenswege lesbischer, schwuler und trans* Migrant_innen in NRW“ im Verein sowieso – Frauen für Frauen zehn ganz unterschiedlichen Lebensreisen. Im Rahmen der Aktionstage des StuRa findet am 12. November (10 – 18 Uhr) im AZ Conni der Workshop „mensch selbst sein“ statt. Der soll die Möglichkeit bieten, binäre Geschlechtergrenzen zu hinterfragen, indem gewohnte Kleidung und Schminke abgelegt und Neues ausprobiert werden kann.

Besonders Menschen, die nicht in das überholte binäre Geschlechterkonzept passen, sind häufig von Diskriminierung betroffen. Beispielsweise bei der Anmeldung für einen Studiengang, bei den FSR-Wahlen und in vielen anderen Formularen ist die Angabe des Geschlechts vorgegeben. Und alle, die sich weder (nur) als Frau oder als Mann fühlen? Spätestens beim Gang auf die Toilette wird es schwierig, denn geschlechtsneutrale Toiletten sind an der TUD die Ausnahme. Da bleibt manchmal nur die Toilette für Menschen mit Behinderung. Dort spielt das Geschlecht meist keine Rolle. Trans*, inter* oder genderqueer zu sein, hat rein gar nichts mit einer Behinderung zu tun. Es sind die Strukturen, die solche Menschen behindern.

Und dennoch: „Fälle von Diskriminierung werden recht selten an uns herangetragen. Ich gehe aber auch davon aus, dass vielen nicht bekannt ist, dass sie auf uns zukommen können. Dabei ist jede_r dazu aufgefordert, uns auf Sexismus, Homo- und Transphobie aufmerksam zu machen.“ Petzold geht davon aus, dass Sexismus in vielen Fällen gar nicht mehr wahrgenommen wird. Die Soziologiestudentin erklärt: „Sexismus fängt bereits bei Geschlechterklischees an. Diese sind auch unter Professor_innen verbreitet. Uns wurden bereits sexistische Äußerungen durch einen Professor gemeldet.“ Es erfordert auch Mut, solche Vorfälle zu melden.

Daher darf die Debatte über Geschlechter, sexuelle Orientierung, Sexismus und Mehrfachdiskriminierung nicht abbrechen, auch wenn das letzte #MeToo getwittert ist. Mara Knauthe (21 Jahre), Petzolds Kollegin im Referat Gleichstellung und Studentin der Politikwissenschaft, hat eine Idee, wie man Diskriminierung vorgreifen kann: „Es wäre schon ein Anfang, wenn allgemein mehr für das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sensibilisiert würde. Zum Beispiel könnte man die Erstiwoche dafür nutzen. So werden auch junge Leute erreicht, die bisher noch keine Berührungspunkte mit dem Thema hatten.“

Wer die Aktionstage des StuRa nutzen möchte, um etwaige Berührungsängste und Wissenslücken abzubauen, wird dieses Jahr sogar belohnt. Es gibt die Möglichkeit, im Rahmen des Studium Generale Creditpoints zu erwerben. Eine Empfehlung des StuRa ist der Vortrag „Kampfmaschinen auf der Suche nach einem Zuhause. Tragik, Komik und soziale Konstellationen hegemonialer Männlichkeit in Actionfilmen“ zum Film Rambo I, der am 21. November (19.30 Uhr) im Kino im Kasten stattfindet.

Text: Marie-Therese Greiner-Adam

Foto: Amac Garbe

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