Der Sukuma Award sucht in diesem Jahr Ideen für Kinospots zum nachhaltigen Reisen. Am Ende sollen aber nicht nur gute Pointen stehen.
In 110 Tagen sind Semesterferien. So ein Glück aber auch. Also lieber schon mal den nächsten Urlaub planen. Natürlich dröhnt man sich heute nicht mehr die Birne an der italienischen Riviera zu oder planscht ein bisschen in der Ostsee. Viel zu Mainstream, viel zu borniert. Lieber ein Yoga-Selbstfindungstrip als freiwilliger Erntehelfer auf einer Fair-Trade-Farm in Indien. Dumm nur: Hinkommen muss man ja trotzdem irgendwie. Ressourcen verbraucht man auch. Und schwingt beim Volunteering nicht auch ein überheblicher Helfergedanke mit? Nachhaltig Reisen – vielleicht ist das wie schwarze Milch, runde Ecken oder weltoffene AfD-Politiker. Ein Oxymoron, ein Ding der Unmöglichkeit.
„Fast“, sagt Franziska Pschera vom Verein Sukuma arts. „Zumindest in der Form, wie es sich inzwischen etabliert hat.“ Wir reisen oft, wir reisen weit, wir reisen intensiv. Und die Folgen sind uns dabei meist egal. Genau das wollen die studierte Soziologin Franziska und ihre Kollegen ändern. Seit 2004 schon suchen sie mit dem Sukuma Award die beste Idee für einen Kinospot. Jedes Jahr steht dabei ein Thema rund um Nachhaltigkeit und alternative Lebensstile im Fokus. Dieses Mal eben „nachhaltig Reisen“. Wie kann man dafür in 60 Sekunden Film sensibilisieren – und das auch noch pointiert? Das ist die einzige Frage, die Bewerber beantworten müssen. Dann geht alles ganz schnell: Die Idee in ein paar kurzen Sätzen beschreiben und bis Ende November abschicken. Im Januar als einer von drei Gewinnerspots gekürt werden – je einer für Dresden, Chemnitz und Leipzig. Im Mai zugucken, wie der Regisseur Thomas Frick und Dresdner Schauspieler den Spot drehen. Und dann ist man berühmt. Na ja, fast. In jedem Falle aber hat man eine Botschaft unters Volk gebracht. „Die Kunst ist der Mittler, um abstrakte Themen greifbar zu machen“, sagt Franziska.
Sie versteht den Award vor allem als „kreative Bildungsarbeit“. Dabei geht es um das sogenannte globale Lernen: Wie beeinflusse ich mit meinem Handeln globale Prozesse? Diese Frage steht nicht nur im Fokus des Sukuma Awards und seiner Kampagnenarbeit, sondern auch des Vereins Sukuma arts. 2005 aus dem Award entstanden, veranstaltet der zum Beispiel auch das morgen startende Umundu-Festival. „Sukuma“ ist Kisuaheli und bedeutet: „Sich und andere begeistern und anstacheln“. Deshalb hört Bildungsarbeit für Franziska nicht beim Lernen auf: „Es geht nicht nur ums Umdenken. Es geht auch ums Ummachen.“
Beim Thema nachhaltiges Reisen ist der Handlungsbedarf besonders groß. „Selbst im sogenannten links-grün-versifften Milieu ist der Urlaub nach wie vor ein sensibles Thema“, sagt Franziska. Getreu dem Motto: Ich lebe doch schon im Alltag bewusst, dann kommt im Urlaub eben nach mir die Sintflut. Vielen ist zwar bewusst, dass ein Flug ins Paradies gar nicht so paradiesische CO2-Emissionen verursacht. Aber deshalb auf den Urlaub verzichten? Und wer denkt schon an seinen doppelten Ressourcenverbrauch im Urlaub – den heimischen Kühlschrank also, der trotz Minibar im Hotel läuft? Oder an die Konkurrenz um Wasser und Land mit der heimischen Bevölkerung? An das Gehalt der Küchenkraft im Restaurant? Ein besonders sensibler Aspekt ist der ethnozentrische Subtext einer Reise in „ferne Welten“: Wir gucken mal, wie ihr so lebt. „Als würden die Kolonialherren die Kolonialisierten besuchen.“ Franziska sagt das nicht ohne Sarkasmus – aber auch nicht ohne Ernst.
Es geht dem Sukuma Award nicht darum, das Wort „Reisen“ in die Geschichtsbücher zu verbannen. Wenn man den CO2-Ausgleich auch wirklich zahlt oder auf die Hightech-Klamotten für den Trip in die Komfortzone verzichtet, dann wäre schon einmal viel gewonnen. Und doch findet Franziska: Es muss nicht immer das Fernweh gewinnen. „Mich selber finden kann ich auch im Erzgebirge.“ Für die nächsten Semesterferien sei das im Übrigen dringend angeraten: Im Herbst nächsten Jahres dürften die drei Gewinnerspots in die Kinos kommen. Wäre doch schade, wenn man die verpasst.
Text: Luise Martha Anter
Foto: Amac Garbe
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