Campuskolumne

Vielleicht gab es vergangene Woche im Rektorat Kuchen. Einen Kuchen mit 82 Kerzen, die der Rektor ausgeblasen hat und dabei mächtig stolz war. Nicht auf sein Alter, Gott bewahre! Sondern auf die TU Dresden. Die nämlich darf sich zu den 100 innovativsten Unis der Welt zählen: Im Ranking der Nachrichtenagentur Reuters belegt sie Platz 82. In Deutschland verfehlt sie das Siegertreppchen nur knapp — Platz 4. Aber hey: Hauptsache platziert!

Wettbewerb, wohin man schaut. Exzellenzinitiative hier, Reuters da — stets dreht sich alles um die eine leider viel zu entscheidende Frage: Wer ist der beste? Allerdings haben die Rankings eine, nun ja, etwas eigenwillige Definition von Qualität. Reuters zum Beispiel misst neben dem Indikatoren-Klassiker Anzahl der Publikationen (wobei zwei von drei Indikatoren sicherstellen, dass der Artikel einen Nutzen für die Industrie hatte) vor allem eines: Zahl und Erfolg der Patente. Dumm nur, dass man es in der Geistes- und Sozialwissenschaft oder der Lehrerbildung nicht so hat mit Patenten. Kurzum: Rankings haben die eine oder andere unerwünschte Nebenwirkung. So zeigen sie nicht nur Ungleichheiten auf, sie schaffen sie auch. Um es nicht mit dem Teufel und dem großen Haufen auszudrücken: Rankings folgen dem Matthäus-Prinzip. Wer da hat, dem wird gegeben. Gutes Ranking gleich hohe Reputation gleich mehr Mittel gleich, genau, gutes Ranking. Ein Versprechen, dass die Unis antizipieren und sich mehr und mehr auf die Spitzenforschung konzentrieren — zu Lasten der Lehre. Rankings ignorieren die Lehre nicht nur — sie schaden ihr.

Paradoxerweise gilt das sogar für die Forschung selbst: Weil viele Rankings die Zahl der Veröffentlichungen als Bewertungsgrundlage nehmen, kommt es zu einem Publish-or-Perish-Diktat: Publiziere oder stirb! In der Folge wird immer mehr publiziert, aber der Erkenntnisgewinn hält sich in Grenzen. Das alles sind keine Hirngespinste oder, um noch einmal Luzifer zu konsultieren, an die Wand gemalte Teufel. Es gibt alles andere als wenige Studien, die genau das beweisen. Es ist Zeit, das ewige Paradigma der Quantifizierung des Hochschulwesens zu überdenken. Denn Rankings produzieren vor allem Verlierer — auch bei den Gewinnern.

Zum Weiterlesen:

Osterloh, Margit und Frey, Bruno S. 2015. Rankings und der Preis der Wissenschaft. Zeitschrift für Kulturwissenschaft 1: 65-76.

Text: Luise Martha Anter

Foto: Amac Garbe

 

 

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