Neu im Kino: Memory Hotel

25 Jahre dauerte es, bis dieser Film fertig war. Seit der ersten Idee sogar fast 30. Das klingt viel, macht aber bei der Betrachtung von „Memory Hotel“ Sinn. Ein handgemachter Puppen-Stop-Motion-Trickfilm von 100 Minuten Länge mit politischem Inhalt. Die finanziellen Mittel, die Drehbuchautor und Regisseur Heinrich Sabl in den 1990er-Jahren ak­qui­rie­ren konnte, reichten hinten und vorn nicht.

In der Mangelwirtschaft der DDR in der Nähe von Görlitz aufgewachsen und sozialisiert, setzte der gelernte Puppenspieler und Animator mit seiner kleinen, wechselnden Crew auf Einfallsreichtum und Improvisation. Und Geduld, möchte man hinzufügen. 2024 endlich lief sein erster Langfilm beim DOK Leipzig und bekam eine lobende Erwähnung im Internationalen Wettbewerb Animationsfilm.

Ein Mädchen zwischen den Systemen

Einfach zu verdauen ist „Memory Hotel“ nicht, verknüpft er doch mehrere Konflikte, die das vergangene Jahrhundert geprägt haben. Als die kleine Sophie am Ende des Zweiten Weltkriegs mit ihren Eltern nach Amerika flüchten will, geraten die drei in einem verlassenen Hotel an den Nazischergen Scharf und den Hitlerjungen Beckmann. Zu allem Überfluss kommt auch noch Rotarmist Wassili hinzu. Schließlich sind Sophies Eltern tot und sie wächst zwischen Männern verschiedener politischer Ideologien auf. Sophie ist für die Versorgung zuständig – und behauptet sich. Doch gibt es Hoffnung in dieser dystopischen Welt?

„Memory Hotel“ ist wahrlich keine leichte Kost, aber wohl ein Leckerbissen für Fans des Genres. Zumal Sabl kurze Zeit im Dresdner DEFA-Studio für Trickfilme gearbeitet hat. Lokalkolorit also inbegriffen, auch wenn das hier äußerst düster ausfällt.

Text: Nadine Faust

Foto: Hoch und runter: Sophie (als Kind: Esla Seusing) ahnt noch nicht, welche Geheimnisse der Aufzugsschacht für sie bereithält. © Neue Visionen Filmverleih

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert