Filmtipp des Monats: Maria Reiche: Das Geheimnis der Nazca-Linien

Die Verrückte, die die Wüste fegt. So sollen die Peruaner:innen Maria Reiche damals genannt haben, als sie in der Wüste von Nazca die wundersamen Geoglyphen der gleichnamigen Kultur aufgefrischt hat, die durch Verwitterung und Erosion kaum noch zu sehen waren. So nennen sie Reiche zumindest im Debütspielfilm von Schauspieler Damien Dorsaz, der für den Stoff erstmals zu Drehbuchstift und Regiestuhl gegriffen hat.

1996 hat Dorsaz die echte Reiche auf einer Reise durch Peru kennengelernt, 2006 einen Dokumentarfilm gedreht. Doch die Energie dieser Frau, die sich bis zu ihrem Lebensende 1998 der Erforschung und vor allem dem Erhalt der Nazca-Linien gewidmet hat, ließ ihn nicht los, so dass er ihr Leben nun verdichtet und fiktionalisiert auf die große Leinwand bringt.

Eine Dresdnerin kämpft für die Nazca-Linien

Dieses Leben beginnt 1903 in Dresden. Sie studierte hier Mathematik, Physik und Geografie an der Technischen Hochschule, legte 1928 das Staatsexamen ab. In den 1930er Jahren ging sie nach Peru – wohl auch wegen der politischen Lage in Deutschland. Dort gab sie zunächst Unterricht, bevor sie Übersetzungen für einen Archäologen machte, in diesem Zusammenhang die Nazca-Linien wiederentdeckte und schließlich ihr Leben ganz dem Schutz dieser archäologischen Stätte verschrieb.

Taucht man in Dorsaz‘ Film ein, kann man die Faszination verstehen – Reiches Faszination für die peruanische Wüste und Dorsaz‘ Faszination für Reiche. Komplett in Peru und größtenteils an Originalschauplätzen gedreht, fängt der Regisseur völlig unaufgeregt die Reize der peruanischen Kultur ein, die Natur, das Licht. Man möchte direkt den Rucksack packen und die Stiefel schnüren, um selbst auf Entdeckungsreise zu gehen – oder aktiv zu werden. Denn Dorsaz‘ Film verdeutlicht nicht nur die Wichtigkeit archäologischer Stätten und den Kampf um sie, sondern auch die Wirkmächtigkeit jedes einzelnen Menschen. Und damit weist der Film in die Gegenwart, in der man sich oft ohnmächtig fühlt ob der politischen und klimatischen Weltlage. Im Zweifel holt man den Besen raus und kehrt vor der eigenen Tür.

Ein filmisches Kleinod, dass sich zu entdecken lohnt. Zumal ganz nebenbei noch Themen wie Kolonialismus oder gleichgeschlechtliche Liebe gestreift werden, ohne den Zeigefinger allzu sehr in die Lüfte zu heben. Das mag vielleicht aber auch daran liegen, dass Reiches lesbische Liebesbeziehung in Peru heute noch negiert wird, wobei die Person an sich geradezu verehrt wird. Soweit hat sie es in ihrer sächsischen Heimat noch nicht gebracht. Vielleicht ist dieser Film ein Schritt in diese Richtung.

Text: Nadine Faust

Foto: Olivia Ross (Reiches Freundin Amy, auf der Leiter) und Devrim Lingnau Islamoğlu (Maria Reiche) © TOBIS Film, Daniela Talavera

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert