Manchmal sagt ein Keks mehr als tausend Worte. Wenn es etwa der letzte in der Schachtel ist und man ihn abgibt. Wenn es das erste kleine Geschenk zwischen zwei Menschen ist. Wenn er Zuneigung ausdrückt. So wie es Seán gegenüber Cáit tut.
Die Eltern der jungen Cáit erwarten das sechste Kind und geben die „Rumtreiberin“ über den Sommer zu Verwandten. Eibhlín heißt das Mädchen herzlich willkommen, ihr Mann Seán fremdelt am Anfang etwas. Doch spätestens als er ihr den Keks auf den Tisch legt, ist das Eis gebrochen. Cáit erfährt zum ersten Mal, was Aufmerksamkeit und liebevolle Zuneigung bedeutet. Und sei es beim Wasserholen, Stallausmisten oder einer kleinen Wette. Doch am Ende dieses Sommers soll das ruhige Mädchen zurück zu ihrer Familie.
Dem Iren Colm Bairéad ist mit seinem Spielfilmdebüt ein kleiner Coup gelungen. Bei der Berlinale 2022 Großer Preis der Internationalen Jury von Generation Kplus für den Besten Film, die erste Oscarnominierung für einen irischen Film 2023, Kassenrekord für einen irischsprachigen Film. Und das ist auch seine Besonderheit, denn nur zwei Prozent der Ir:innen selbst sprechen diese Sprache täglich.
Zudem überzeugt Jungschauspielerin Catherine Clinch auf allen Ebenen, was unerlässlich ist, denn Regisseur und Drehbuchautor Bairéad bleibt ganz nah dran an seiner Protagonistin, an der kindlichen Perspektive. Die Kamera fängt nur ein, was auch Cáit sehen kann. Die vorbeiziehenden Bäume auf der Autofahrt, die väterliche Schulter, der volle Aschenbecher. Und so meint man ihre Gefühle regelrecht spüren zu können, als sie wieder bei ihren Eltern ist. Familie hat eben verschiedene Bedeutungen.
Text: Nadine Faust
Foto: Eine zärtliche Freundschaft: Seán (Andrew Bennett) und Cáit (Catherine Clinch). © Neue Visionen Filmverleih
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