Es gibt Filme, denen man sich nicht entziehen kann – möge es noch so unangenehm sein. „Systemsprenger“ ist so ein Film. Der zweite Spielfilm des belgischen Filmemachers Lukas Dhont ist ein neues, wenn auch etwas anderes Beispiel dafür. „Close“ gehört zum Besten, was in den vergangenen Monaten, vielleicht sogar Jahren in die Kinos kam – und wurde unlängst für den Oscar für den besten internationalen Film nominiert.
Léo und Rémi sind beste Freunde. Sie liefern sich Wettrennen mit dem Fahrrad, streifen durch die Blumenfelder, schlafen im gleichen Bett. Was für sie und ihre Familien ganz selbstverständlich ist, wirft an der neuen Schule Fragen auf. Sind sie mehr als nur Freunde? Was Rémi völlig kaltlässt, bringt Léo ins Wanken. Doch dass er sich von Rémi abwendet, bleibt nicht ohne Folgen.
Eine Kluft als Panzer
Lukas Dhont hat schon mit seinem Debütfilm „Girl“ über ein Transmädchen für mächtig Aufregung gesorgt. Und auch in seinem neuen Film „Close“ geht es um die Bedürfnisse junger Menschen. Um Freundschaft, Intimität, Angst und Männlichkeit. Dass das authentisch wirkt, ist zunächst dem Drehbuch von Dhont und Co-Autor Angelo Tijssens zu verdanken, wobei Dhont laut eigenen Aussagen auf die Gefühlswelt seiner Kindheit zurückgreift. Unterstützt wird das von der wunderbaren Kameraarbeit von Frank van den Eeden, der den Protagonist:innen nahekommt, ohne dabei Grenzen zu überschreiten.
Getragen wird der Film aber von seinen Hauptdarsteller:innen, allen voran Eden Dambrine als Léo, der hier als Schauspieler debütiert, aber schon länger tanzt. Auch Lukas Dhont wollte als Kind Tänzer werden und choreografiert seine Filme regelrecht, während Sprache hier nur nuanciert eingesetzt wird. So legt sich Léo nicht nur sprichwörtlich einen Panzer an, sondern steigt auch ganz direkt in die Eishockeykluft. Erst nach und nach brechen sich seine Zweifel, seine Schmerzen, die Schuld Bahn. Wirklich sehenswert – auch wenn es wehtut!
Text: Nadine Faust
Zum Foto: Léo (Eden Dambrine) beim Eishockey, Copyright: Pandora Film
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