Anja Besand hat es von Grünstadt in die grüne Stadt Dresden verschlagen. Als Professorin lehrt sie Politikdidaktik an der TU Dresden und mit Hund manchmal auch abseits der Uni.
Anja Besand hat einen „Corona-Hund“. Während der Pandemie hat die Professorin der Technischen Universität Dresden einen Welpen adoptiert, einen Golden Retriever namens Zidane. „Wenn ich mit dem unterwegs bin, komme ich mit vielen Menschen ins Gespräch. Vor allem mit anderen Menschen als denen, mit denen man sonst in Kontakt tritt“, erzählt die gebürtige Grünstädterin. „So ein Hundewelpe öffnet Herzen und schafft eine Grundlage. Man kann erst mal über Hunde reden und dann redet man auch über etwas anderes. In der Hundeschule bin ich schon ganz verschrien, denn ich halte da ständig politische Vorträge“, sagt sie und lacht.
Von der Neustadt in den Dresdner Osten
Anja Besand ist verheiratet und wohnt im Osten der Stadt zwischen Blauem Wunder und dem Programmkino Ost „in einer sehr ruhigen, sehr grünen Lage, umgeben von alten Bäumen. In den ersten Monaten habe ich in der Neustadt gewohnt – direkt an der Bautzner Straße. Das war toll für ein paar Monate, sehr lebendig und sehr urban – aber auch furchtbar laut. Wahrscheinlich habe ich deshalb auf der Wohnungssuche besonders darauf geachtet, dass wir auf Dauer eine etwas ruhigere Umgebung haben. Zum Schreiben, Lesen und Nachdenken ist das wichtig.“
Sie trennt nicht zwischen beruflichem und privatem Leben. „Da gibt es keine Grenze. Ich halte auch nichts von der sogenannten Work-Life-Balance. Denn das würde bedeuten, dass Life das Gute ist und Work das Schlechte. In meinen Augen funktioniert das nicht. Aber das sage ich aus einer privilegierten Position heraus, denn mein Job ist interessant und nicht die reine Maloche.“ Ihr Job ist die Professur für Didaktik der politischen Bildung am Institut für Politikwissenschaft der Dresdner Universität. Seit Herbst 2020 ist sie aber auch Direktorin der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie, die an ihrer Professur angesiedelt und im sächsischen Koalitionsvertrag verankert ist. Zudem berät sie verschiedene Stellen und arbeitet in anderen Projekten mit, ist zum Beispiel an der Ausarbeitung des 16. Kinder- und Jugendberichts des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beteiligt.
Didaktik statt Kunst
Anja Besand wird 1971 in Rheinland-Pfalz geboren und wächst in Mannheim auf. Ihre Studienzeit verbringt sie in den 1990er Jahren an der Justus-Liebig-Universität Gießen: Lehramt an Haupt- und Realschulen in den Fächern Sozialkunde und Kunstpädagogik sowie ein Magisterstudium in Kunstpädagogik, Politikwissenschaft und Didaktik der Gesellschaftswissenschaften. „Meine Leidenschaft lag da eigentlich in der Kunst“, sagt sie heute. Doch man empfiehlt ihr direkt nach dem Abschluss, sich für eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin am dort ansässigen Institut für Schulpädagogik und Didaktik der Sozialwissenschaften zu bewerben – und sie wird genommen. „Ich weiß noch, dass ich darüber nachgedacht habe, ob ich das überhaupt will. Ich hätte mich damals wahrscheinlich viel mehr über ein vergleichbares Angebot in der Kunstpädagogik gefreut. Und es hat auch eine Weile gedauert, bis ich damit richtig warm geworden bin.“
Doch Anja Besand trifft eine Entscheidung fürs Leben. Sie promoviert 2003 mit ihrer Dissertation mit dem Titel „Angst vor der Oberfläche. Zum Verhältnis ästhetischen und politischen Lernens im Zeitalter Neuer Medien“ und bekommt im Jahr darauf eine Juniorprofessur am Institut für Sozialwissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg angeboten. 2009 folgt die Berufung an die Professur an der TU Dresden. „Hier ist es sehr urban mit viel Kultur und Kunst. Das genieße ich sehr. Ich bin auch schnell in meinem Wohnumfeld und an der Hochschule angekommen, das war nicht schwierig“, sagt sie und verweist damit auf ihre Zeit in Ludwigsburg, wo viele Kolleg:innen pendelten und das soziale Leben etwas hinten runterfiel. „Aus meiner Sicht gibt es große Mentalitätsunterschiede. Die Stuttgarter Schwäb:innen sind keine einfachen Leute. Ich will ja keine Stereotype bemühen, aber das mit der Kehrwoche stimmt wirklich. Es mag merkwürdig klingen: In Dresden sind die Menschen viel offener. Es war leicht, hier anzukommen, zumindest als weiße deutsche Familie. Die Sächs:innen sind – aus meiner Sicht – recht unverstellt. Sie sagen, was sie denken. Damit kann man meistens umgehen und genau das macht die Lage auch so spannend für meine Profession.“ In Dresden bekommen die Begegnungen neuerdings mit dem Besuch der Hundeschule zudem eine andere Dimension.
Bildung außerhalb der Schule
Im Rahmen der Professur geht es bei Anja Besand vor allem um die Ausbildung neuer Lehrer:innen. Durch die John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie wird nun verstärkt die Forschung zu außerschulischen Bildungsangeboten in den Blick genommen. „In diesem Feld arbeiten sehr viele Menschen im Ehrenamt, in Projekten, mit Befristungen und oft als Quereinsteiger:innen. Das Praxiswissen, das sie dabei erwerben – was die beste Strategie ist, was gute Formate sind, welche Zielgruppen man am besten anspricht –, wird nirgends zentral gesammelt, weil die Didaktik-Professuren sich vornehmlich um die Schule kümmern. So verdichtet sich das Wissen an keiner Stelle.“ Doch das passiert jetzt an der JoDDiD, wie die Forschungsstelle abgekürzt wird. „Diese Chance ist fast einmalig, denn das ist nicht nur ein sächsisches, sondern ein bundesweites Problem.“ In den 70er und 80er Jahren hätte es noch Professuren für politische Jugend- oder Erwachsenbildung gegeben, doch diese seien mittlerweile weggefallen. Die JoDDiD füllt eine Lücke. „Damit stehen wir auf zwei Beinen statt nur auf einem.“
Neben Forschung geht es bei JoDDiD um Innovation, Beratung, Aus- und Weiterbildung. Anja Besand und ihr Team stellen den Akteur:innen der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung regelrechtes Handwerkszeug zur Verfügung. Dafür gibt es auf der Webseite der Forschungsstelle sogar einen Shop. Keinen, bei dem man für einen Obolus das Rundum-sorglos-Paket kaufen kann. Vielmehr geht es hier um Anregungen, politische Bildung innovativ und vor allem auf Teilhabe ausgerichtet zu gestalten. „Wir wollen ein bisschen wie ein Bauchladen verstanden werden. Man kann sich Dinge ausleihen oder kostenfrei abholen. Das soll Menschen, die in der politischen Bildung aktiv sind, unterstützen, die Prozesse wirkungsvoller zu gestalten.“
Nützliches für Bildungsträger
Zu den ersten Dingen, die an der JoDDiD entwickelt wurden, gehören Abstimmungsmaschinen. Das sind große Plexiglasröhren, in die Tischtennisbälle eingeworfen werden können. Das muss nicht bei einer bestimmten Veranstaltung in einem bestimmten Raum passieren, sondern kann beispielsweise auch über einen längeren Zeitraum in einem Stadtviertel geschehen, schlägt Anja Besand vor.
Solche „Geräte“ produzieren die mittlerweile mehr als zehn Mitarbeiter:innen und studentischen Hilfskräfte der Forschungsstelle und stellen sie dann zur Verfügung. Deswegen gibt es im von-Gerber-Bau der TU Dresden nicht nur einen Raum für die Bildungs- und Beratungswerkstatt, sondern darüber hinaus einen für die Innovationswerkstatt. Design Based Research ist in den Ingenieurswissenschaften weit verbreitet, in den Sozialwissenschaften eher nicht. Neue Materialien werden entwickelt und ausprobiert, wodurch neue Erkenntnisse gewonnen werden. „Es geht dabei nicht um Forschung um der Forschung willen, sondern es muss sich in der Praxis beweisen. Wenn ich etwas Tolles herausfinde, aber keine:r etwas damit anfangen kann, dann ist das schlecht. Wir sind eine Supportstruktur für die politische Bildung in Sachsen und das ist auch unser Auftrag. Wir wollen etwas Nützliches bereitstellen und uns von alten Konzepten lösen.“
Politische Bildung ist nicht Staatsbürgerkunde
Zu den neuen Konzepten gehören zum Beispiel Konversationskarten, die man etwa zu Weihnachten mit der Familie nutzen kann, bevor unterschiedliche Meinungen zu Corona-Maßnahmen und Flüchtlingspolitik geliebte Menschen zu spalten drohen. „Manchmal ist es auch schwierig für Politiker:innen, mit Bürger:innen ins Gespräch zu kommen und das fruchtbar zu gestalten. Da sind unterschiedliche Kontexte möglich.“
Doch vor allem gehe es ihr um die demokratische Bildung von Bürger:innen. „Politische Bildung ist für alle Menschen und nicht nur im Krisenfall bedeutungsvoll. Wenn wir das auf Sachsen oder Dresden beziehen, kann man schon sagen: Politische Bildung ist hier lange zu kurz gekommen. In den Schulen gibt es sie weniger als anderswo und auch sonst war die politische Bildung hier ein bisschen zurückhaltend. Man hatte eben schlechte Erfahrungen mit der Staatsbürgerkunde und wollte das einfach nicht. Dass politische Bildung in der Demokratie etwas anderes ist als Staatsbürgerkunde, tat da lange nichts zur Sache. Deshalb kann man schon sagen, dass wir ein bisschen was nachzuholen haben im Osten der Republik und das ist auch spannend, weil wir nach neuen Wegen suchen müssen. Es funktioniert nicht alles umstandslos und es ist auch herausfordernd in einer so polarisierten Situation.“
Das Team um Anja Besand will in „neuen Räumen“ denken. Einen dieser Räume nennen sie Gerüchteküche. „Eigentlich ist es nur ein Kasten auf Rädern, mit dem man eine kleine Küchensituation transportieren und dann Leute zu Kaffee, Kuchen oder auch Würstchen einladen kann. Und dann kann man mal über Verschwörungstheorien ins Gespräch kommen. Wir glauben, dass man eine Grundlage und Motivation braucht, um sich mit schwierigen Dingen auseinanderzusetzen.“
Es darf gestritten werden
Wenn es besonders hitzig ist, plädiert sie aber durchaus für Streit. „Dialog hat häufig etwas Harmonistisches. Aber ich glaube, es geht viel agonaler darum, sich wirklich auf Konflikte einzulassen und zu sagen: Wir sind gerade nicht einer Meinung. Ich weise diese Idee zurück und halte das, was du gerade gesagt hast, für hochproblematisch. Das stimmt nicht mit meinen Werten überein und ich kann das auch erklären.“ Manchmal müsse man sich eben nicht zusammen-, sondern auseinandersetzen. „In der Demokratie kann und darf über vieles gestritten werden, zum Beispiel ob die Migrationspolitik von Angela Merkel richtig war. Aber wir haben ein Problem, wenn man Dinge gleichwertig nebeneinanderstellt, die nicht gleichwertig sind. Denn Bildungsprozesse sind nicht neutral.“
Grundsätze für die politische Bildung legt der Beutelsbacher Konsens von 1976 fest. Demnach dürfen Lehrende gemäß Überwältigungsverbot ihre Meinung nicht aufzwingen, sondern das Bildungsangebot soll es ermöglichen, mündige Bürger:innen herauszubilden, die ihre eigene Meinung vertreten. Dabei soll nach dem Gebot der Kontroversität oder Gegensätzlichkeit ein Thema kontrovers dargestellt und diskutiert werden. Schließlich muss das Bildungsangebot aus Sicht der Zielgruppe gedacht werden, die im Anschluss selbst die eigenen Ansprüche geltend machen kann.
Kein Recht auf eigene Fakten
Vor allem die Kontroversität wird dabei häufig mit Neutralität verwechselt, aber das ist ein Missverständnis. Politische Bildung soll in Deutschland nicht neutral sein, sondern fußt wie die Verfassung auf freiheitlichen, pluralistischen und die Menschenrechte achtenden Grundsätzen. „Wenn man beim Bildungsprozess Menschen zusammenbringen würde, die das bestreiten, dann müsste man nicht so tun, als wäre das eine gleichwertige Position“, stellt Anja Besand klar und verweist auf die Debatte um False Balance oder falsche Ausgewogenheit in der medialen Berichterstattung, wobei strittige Minderheitenmeinungen unangemessen viel Raum bekommen. „Dann entsteht für Menschen, die diese Medien nutzen, das falsche Bild, das Thema wäre strittig – obwohl es das gar nicht ist.“ Als Beispiel nennt sie den von der Menschheit befeuerten Klimawandel. „Jede:r hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“, fügt sie hinzu.
Auch die Fremdenfeindlichkeit verstört sie. „Ich bin in den 1970er Jahren in einer Stadt wie Mannheim in die Schule gegangen. Da war es ganz normal, dass es in meiner Klasse für viele Mitschüler:innen auch muttersprachlichen Unterricht gab in Italienisch, Türkisch und Griechisch – das ist mehr als 40 Jahre her. Ich verstehe einfach die Aufregung nicht, mit der hier auf Migrationsfolgen geblickt wird.“
Demokratie und Freiheit sind zwei verschiedene Dinge
Ob man trotzdem mit bestimmten Personen ins Gespräch kommt, hängt von der Konstellation ab. „Wenn man eine Beziehung zueinander hat, gibt es eine Bindung. Auf deren Grundlage hat man eine Chance, sich auseinanderzusetzen. Aber das muss man nicht in jeder Konstellation machen.“ Es spräche generell jedoch nichts dagegen, sein Gegenüber verstehen zu wollen. „Im Bildungsprozess sollte man aber schon markieren, wenn wir die Grundlage der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen haben. Das bedeutet, den Menschen und das Gesagte ernst zu nehmen. Denn wenn das wirklich problematisch ist, dann muss man das erwidern. Das heißt nicht, Menschen zurückzuweisen, sondern ihre Ideen. Oder Menschen verantwortlich zu machen für Ideen, die sie vortragen.“
Viele verbinden Demokratie vor allem mit Freiheit. „Das ist nicht falsch, aber sehr einseitig. Denn sie beinhaltet auch eine bestimmte Art und Weise, wie wir zu allgemein verbindlichen Regeln kommen. Insofern ist Demokratie nicht das Gegenteil von Regeln.“ Dass wir derzeit beispielsweise einen Mundschutz tragen müssen oder es Tempolimits auf Autobahnen gibt.
Die Herausforderung der medialen Vielfalt
Herausfordernd sei dabei die Zunahme der medialen Kanäle, so dass es nicht mehr eine Öffentlichkeit gäbe, sondern sehr viele. „Das beginnt mit den audiovisuellen Kanälen in den 80ern, dem Internet in den 90ern und in den letzten Jahren noch mal stärker durch Social Media. Künstliche Intelligenz ist die nächste Challenge. Die Algorithmen entscheiden ja schon, was wir wahrnehmen. Wir müssen uns bemühen, am Ball zu bleiben und zu verstehen, was gerade passiert.“ Deswegen sei politische Medienbildung besonders wichtig. „Es geht nicht nur ums technische Verständnis, sondern darum, wie ich die Güte von medialer Information unterscheide.“
Wichtig wäre es vor allem, neue Gruppen zu erreichen. Dabei gilt generell das Prinzip der Freiwilligkeit. „Die Menschen müssen sich auf ein Bildungsangebot einlassen. Es ist viel leichter, Menschen zu erreichen, die schon politisch vorinteressiert sind. Und dann richten sich die Angebote auch an diesen Leuten aus“, erklärt Anja Besand. Oft gebe es Offerten für junge Menschen sowie für Senior:innen, aber an die Erwerbstätigen sei meist schwer heranzukommen.
Die Gefahren der Corona-Pandemie
Dabei weist schon der Namensgeber der Forschungsstelle, John Dewey, auf das Grundverständnis von Anja Besand und der JoDDiD hin. „Die Stimme von John Dewey steht dafür, dass Demokratie nichts Abstraktes oder nur eine Staats- und Regierungsform ist, sondern eine Lebensform. Das ist eine verbindende Praxis menschlicher Gemeinschaft und muss aktiv gelebt und gepflegt werden. Für ihn spielt Bildung da eine starke Rolle und Demokratie muss in jeder Generation erarbeitet und ständig verbessert werden. Das passt gut zu uns.“
Obwohl sie gern eine regionale, vielleicht auch weibliche Persönlichkeit als Vorbild gewählt hätte, bildet der Ansatz des amerikanischen Philosophen und Pädagogen, der Ende des 19. Jahrhunderts und bis 1930 an verschiedenen US-Universitäten lehrte und wirkte, ein Alleinstellungsmerkmal. Das Prinzip der Laborschule, das in Deutschland erstmals 1974 in Bielefeld umgesetzt wurde und in Dresden-Gorbitz seit 2004 praktiziert wird, geht auf die von ihm und seiner Frau 1896 gegründete Versuchsschule in Chicago zurück.
Die Mitbestimmung von Schüler:innen und ihr Gestaltungsspielraum, wie es an Laborschulen üblicherweise passiert, ist etwas, das Anja Besand während der Corona-Pandemie besonders fehlt. „Ich bin keine alarmistische Person und es wäre auch verfehlt zu denken, dass es irgendwann mal einen wunderbar heiteren Zustand gegeben hätte, an dem wir demokratisch nicht vor Herausforderungen gestanden haben. Aber ich bin schon beunruhigt, weil die Demokratie an Zustimmung verliert – in Gruppen, um die sie sich lange nicht so viele Sorgen machen musste und die das System tragen, weil sie zu Wahlen gehen, sich informieren und über deren demokratische Orientierung eigentlich kein Zweifel besteht. Aber wenn man nach einem Jahr Homeschooling mit Eltern spricht, dann ist es erschütternd, welche Frustrationserlebnisse sie hinter sich haben. Auch Kinder machen die Erfahrung, unwichtig zu sein; als letztes adressiert zu werden; nicht gefragt zu werden in einer krisenhaften Situation. Wir werden erst in ein paar Jahren sehen, welche Blüten das trägt, denn das sind nachhaltige Erfahrungen, die da gemacht worden sind.“
„Politische Spielwaren“
Auffallend ist, dass Anja Besand für die Vermittlung von politischer Bildung oft noch künstlerische Formen wählt. So sind in einem Kooperationsprojekt zwischen Theaterplastiker:innen und Politikstudierenden „politische Köpfe“ entstanden – Büsten von Dewey, Hannah Arendt oder auch Michel Foucault. In einem anderen Zusammenhang wurde ein Demonstrant:innenset von H0-Modellbahnfiguren zu Wutbürger:innen umfunktioniert, indem die Schilder der Figuren mit den entsprechenden Losungen beklebt wurden. In ihrem Büro sammelt sie solche „politischen Spielwaren“. Das gibt es auch kommerziell – von der Angela-Merkel-Zitronenpresse bis hin zu Wackelfiguren amerikanischer Präsidenten. „Damit will ich ausdrücken: Politik darf man nicht zu ernst nehmen. Damit kann man auch spielerisch umgehen.“
Und so öffnet auch der Rüde von Anja Besand spielerisch Türen und Herzen. „Ich habe bewusst einen Golden Retriever ausgewählt, denn es war mir wirklich wichtig, einen Hund zu haben, der von anderen Menschen als freundlich gelesen wird. Ich will einen Hund, der Beziehungen stiftet, und das macht er sehr gut.“ Dazu trägt mitunter sein Name bei, der auf den französischen Fußballspieler Zinédine Zidane zurückgeht. Fußball ist ja auch so ein Türöffner.
Text: Nadine Faust
Fotos: Amac Garbe
Das Porträt ist für Ausgabe 6 von Stadtluft Dresden entstanden und dort zuerst erschienen. Bei einer Lesung im Jazzclub Tonne am 15. Juni 2022 um 20 Uhr wird dieser Band und der vorherige vorgestellt.
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