Zuallererst: Der Krieg in der Ukraine ist schrecklich, verwerflich und keine Sekunde zu entschuldigen oder relativieren. Allerdings fallen mir gleichzeitig in Deutschland seit drei Wochen ein paar Dinge auf bzw. stelle ich mir immer öfter Fragen, die schon die Corona-Krise mitunter aufgeworfen haben.
Zunächst: Warum braucht es tagelang quasi den ganzen Tag Sondersendungen, die die Nachrichten in Dauerschleife wiederholen? Die Menschen nicht nur in Besorgnis versetzen, sondern regelrecht in Panik? Denn Fakt ist: Überbesorgte sind immer öfter keine vernünftig denkenden Menschen.
Und apropos Corona. Dass wir gerade zu den Spitzenreitern in Europa in Sachen Inzidenz gehören, ist eher eine Randnotiz – und das bei Maßnahmen, die immer weiter gelockert bzw. nicht richtig durchdacht werden und während Themen wie Long Covid, Pflegenotstand und Chaos in den Schulen fast ganz im Hintergrund verschwinden.
Dann ist in den News mal nebenbei von einem Anschlag zu hören, bei dem nahezu 100 Menschen starben. Live-Schalte oder Einschätzung durch Expert:innen? Fehlanzeige! Und dass nun viele helfende Menschen ihre Nasen in die Kamera halten, finde ich befremdlich, wo es vor Jahren gefühlt einzelne waren, die auf See andere Menschen gerettet oder aus Syrien oder Afrika stammende Menschen bei sich aufgenommen haben.
Bitte nicht falsch verstehen: Ich möchte nicht Elend mit Elend vergleichen. Doch kommt mir die Perspektive reichlich verschoben vor. Was aktuell ist, wird medial ausgeschlachtet, was weit genug weg oder lang genug her ist, wird in den Kurznachrichten abgehandelt. Inwieweit wir hier mitverantwortlich sind, findet sich nur noch nach Recherche.
Nun gut, wir können uns jetzt aber wieder mit den Spritpreisen beschäftigen. Nicht auszudenken, wenn da auch noch der Klimaschutz relevant wäre.
Text: Nadine Faust
Foto: Amac Garbe