Campuskolumne

Es ist egal, wohin ich blicke, wohin ich gehe oder was ich Zuhause in meinem Kämmerchen mache: Überall tauchen Worte auf, die mein Gehirn mit bestimmten Sachen verbindet. Und das sind Schlagworte, die seit mehreren Monaten, gar Jahren an Wichtigkeit gewinnen.

Da mir selbst der Nutzen und die Vorteile bewusst sind, versuche ich sie in meinen Alltag zu integrieren. Doch seien wir mal ehrlich: Es ist schlichtweg unmöglich, perfekt zu sein. Aber von Fanatikern wird es auch von mir kleinem Fisch im Strom erwartet. Von was ich rede? Es sind die Themen Nachhaltigkeit, Minimalismus, Bewusstsein, …

Letztens kassierte ich einen Kunden ab und nach dem Zahlvorgang stand er vor mir, machte eine Handbewegung und sagte schroff zu mir: „Na, was wird denn jetzt?“ Ich wusste in dem Moment nicht, was er meinte, bis er deutlich schilderte, dass ich ihm einen Beutel oder eine Tüte geben soll. Das tat ich nicht, weil diese seit drei Jahren nicht mehr kostenlos sind. Zu Recht! Empört ging der Kunde von dannen und murmelte noch Beleidigungen vor sich her. Ist es denn wirklich so schwer, auf Plastiktüten zu verzichten und sich einfach einen Extra-Beutel einzustecken, wenn man das Haus verlässt? Und was ist eigentlich mit den guten alten Rucksäcken? Da kann man von mir aus zehn Beutel reinstopfen und hat somit immer vorgesorgt. Ich sehe also, dass das Thema Nachhaltigkeit noch nicht bei jedem angekommen ist. Aber muss es das überhaupt? Dort ein Buschfeuer, hier ein besorgniserregendes Lüftchen und nebenan wundert man sich über eine missglückte Ernte. Trotzdem scheint die Erde ja noch irgendwie zu funktionieren, denkt man, darum muss man auch nicht auf die gewohnte Plastiktüte verzichten.

Ich kann verstehen, warum es manchen Menschen schwerfällt, einen Schritt in die „grüne“ Richtung zu machen. Es ist auf den ersten Blick teurer, anstrengend und scheinbar steht es in Verbindung mit Verzicht. Die Menschen wollen nicht einfach so verzichten, solange es ihnen noch gut geht, vielleicht auch ihren Kindern und Freunden. Dass es Inseln voller Müll gibt, das ist dann auch egal und wird nur belächelt und nicht ernst genommen.

Ich möchte das auch nicht alles verteufeln. Warum? In meinem Alltag ist es für mich als Fisch in der Masse auch ab und zu schwer, das umzusetzen, was meine Traumvorstellung so hergibt. Ein Leben ohne Plastik, ein Leben mit bewusstem Konsum und ohne Flugreisen. Doch ich bemerke, wie es mich unter Druck setzt. Vielleicht ist genau dieser Druck aus dem Umfeld, von den Medien und der Politik ein gesetztes Ziel, um Menschen wie mich zu stressen, damit sie etwas verändern. Aber ich glaube, man kann auch anders an das Thema Nachhaltigkeit rangehen, einen Weg für jeden Fisch finden.

Vor allem ist die Aufklärung und Bildung wichtig. Was kann ich tun, was liegt im Bereich meiner Möglichkeiten und wie sieht es eigentlich da draußen in der großen, weiten Welt mit der Natur und den Menschen aus?Mein Tipp? Schaue Dir Dokumentationen an, geh zu Vorträgen und lies Bücher! Das kostet nicht viel, nur Deine Zeit. Ich weiß, auch diese ist rar, aber es kann sich lohnen.

Was mich also stresst ist der Drang nach Perfektion, und ich vermute, dass das viele andere Fische daran hindert, die Ökotante herauszulassen. Also ein weiterer Tipp von mir: Fange klein an! Man muss nicht von null auf hundert gehen. Ein vegetarischer Tag mehr in der Woche ist leichter als gedacht und bedeutet nicht Verzicht, sondern eher das Ausprobieren von neuen Rezepten. Statt der Plastikflasche kann man den Saft im Glas kaufen und wenn es Gemüse aus der Region im Handel gibt, tut es niemandem weh, wenn man dieses statt das aus der Ferne einkauft.

Ich finde, dass es sinnvoller ist, ab und zu den Druck abzulassen und etwas entspannter an das Thema heranzugehen, ohne dabei die Wichtigkeit zu vergessen. Selbst wenn sich die Natur wieder von den menschlichen Missetaten erholen sollte: Man muss es ja nicht herausfordern, provozieren und absichtlich in die Katastrophe drängen.

Das nächste Mal werde ich dem Kunden jedenfalls eine Baumwolltasche anbieten und hoffen, dass ich nicht dafür beleidigt werde, weil ich ein wenig Empathie mit der Erde und ihrer Natur habe.

Text: Anne Pollenleben

Foto: Amac Garbe

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