Deutschland und die Autos – das war für lange Zeit eine äußerst lukrative Partnerschaft. Neben hunderttausenden Arbeitsplätzen lieferte das Auto „Made in Germany“ auch einen großen Teil der deutschen Identität als Land der Ingenieure und sorgte für weltweite Bekanntheit und Anerkennung. Doch spätestens seit dem Bekanntwerden des Dieselskandals hat diese schöne Fassade einige Risse bekommen. Allerdings gab es schon immer kritische Stimmen, die sich gegen Lärm, Umweltgefährdung und Verschwendung richteten. Die neue Ausstellung „Geliebt. Gebraucht. Gehasst. Die Deutschen und ihre Autos“ im Verkehrsmuseum Dresden widmet sich den verschiedensten positiven und negativen Aspekten des Autofahrens, die die deutsche Geschichte geprägt haben.
Die Gäste erwartet im Lichthof des Museums direkt der erste Höhepunkt und besondere Stolz der Verantwortlichen – der originale Opel Manta aus dem Kultfilm „Manta, Manta“. Szenen des Werks sind auch im Verlauf des Rundgangs zu finden. Den eigentlichen Beginn der Ausstellung markiert eine begehbare Autowaschanlage, in die passende Bilder zu den drei Schlagworten „geliebt“, „gebraucht“ und „gehasst“ projiziert werden. Die anschließenden Räume sind nicht chronologisch, sondern thematisch sortiert und beleuchten jeweils einen Aspekt des Autos in Deutschland. Eines dieser Themen lautet etwa Autoland Deutschland. Hier finden sich Hintergründe zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bedeutung des Individualverkehrs. Außerdem werden Autoikonen der beiden deutschen Staaten vorgestellt, der VW Käfer für die BRD und der Trabi für die DDR. Kurator Ulrich Op de Hipt vom Bonner Haus der Geschichte verrät beim Rundgang, dass für die Mehrheit der Deutschen Volkswagen am exemplarischsten für unser Land steht, sogar vor Goethe oder Fußball.
Das Auto war und ist auch immer ein Symbol. So war der Käfer damals für viele Menschen das erste eigene Auto und vermittelte ein Gefühl der Eigenständigkeit und Individualität. Auf die Gesellschaft bezogen war er außerdem ein Beweis für die Leistungsfähigkeit der (west-)deutschen Wirtschaft und wurde entsprechend beworben. Der Trabi wiederum wurde durch den Mauerfall zum Symbol der Freiheit und des Aufbruchs in eine neue Zukunft.
Die Freiheit spielte im Zusammenhang mit dem Auto seit jeher eine wichtige Rolle. Man kann fahren wohin man möchte, muss sich an keinen Fahrplan halten und kann die entlegensten Orte erreichen. Im Zuge der Hippiebewegung gelangte etwa der Bulli von VW zu einiger Berühmtheit. Mit ihm wurden Reisen bis nach Indien unternommen und er wurde zum Symbol einer ganzen Bewegung. Auch die Autowerbung bezieht sich immer wieder auf das Motiv der Freiheit, kaum ein Spot kommt ohne weite Landschaften und exotische Orte aus.
Ein weiterer Abschnitt der Ausstellung widmet sich sowohl der Begeisterung des Menschen für hohe Geschwindigkeiten als auch deren Gefahren. Der Rennsport auf der einen Seite sowie die Verkehrstoten im Alltag spielen eine Rolle. So können Besucherinnen und Besucher etwa abstimmen, ob sie für oder gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen sind oder den Rausch der Geschwindigkeit im Rennsimulator selbst erfahren.
Das Auto dient auch dazu, gewisse Botschaften zu vermitteln. Sei es nun durch die Wahl der Marke, des Nummernschildes, durch Aufkleber oder andere Gegenstände wie Wackeldackel oder Klopapierhüte. Einige Fälle beschäftigten dabei sogar die Gerichte, wie etwa 1994 ein Aufkleber mit dem Tucholsky-Zitat „Soldaten sind Mörder“, den ein Pazifist auf seinem Auto trug. Ulrich Op de Hipt sieht im PKW ein besonderes Mittel der Kommunikation, da es eines der wenigen öffentlichen Konsumgüter ist und somit die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Auch in diesem Abschnitt ist wieder Mitmachen angesagt, indem Automarken bestimmten Bevölkerungsgruppen zugeordnet oder Gerüche mit Marken verbunden werden wollen.
Zu guter Letzt steht noch die Zukunft des Autos auf dem Programm. Hier geht es unter anderem um alternative Antriebe, autonomes Fahren und neue Mobilitätskonzepte wie das Carsharing. Leider kommt dieser Bereich ein wenig zu kurz, obwohl doch gerade diese Fragestellungen momentan von großer Bedeutung sind.
Alles in allem ist die Ausstellung „Geliebt. Gebraucht. Gehasst. Die Deutschen und ihre Autos“ trotzdem einen Besuch wert, da sie einen ausgewogenen Blick auf das Thema präsentiert und auch die negativen Aspekte nicht außen vorlässt, die in der Gegenwart deutlicher denn je hervortreten. Die Ausstellung läuft bis zum 6. Januar 2019 und kostet vier Euro für Studenten oder neun Euro für Vollzahler, darin inbegriffen ist der Zugang zu den Dauerausstellungen. Außerdem finden einmal im Monat kostenlose Führungen durch die Sonderausstellung statt.
Text: Hans Leonhardt
Foto: Amac Garbe