Es begab sich an einem Nachwende-Heiligmorgen, als sich die Jugend vom Dresdner Verein Roter Baum traf, um sich den stressigen Weihnachtsvorbereitungen zu entziehen. Wenig später, irgendwann in den 90ern, verzogen sie sich ins frisch sanierte Filmtheater Schauburg, um Monty Pythons „Das Leben des Brian“ zu sehen. Eine Tradition, ja eine Ersatzreligion war geboren.
Heuer, etwa 20 Jahre und einen (halben) Umbau der Schauburg später, pilgern noch immer Menschen am Heiligmorgen ins Neustädter Filmtheater. Und man erzählt sich, Pontius Pilatus höchstselbst soll sie in diesem Jahr dort empfangen. Etwa 300 Seelen, die vor der Weihnachtsgans ein Verdauungsbierchen sowie den Kultklassiker genießen. Lange wurde der noch von der Filmrolle auf die Leinwand gebannt. Wenn der Film nicht reißt, dann ist es keine Tradition, hieß es. Doch beim Kleben der Rolle ist schon so viel Material verloren gegangen, dass man sich auf Neues einlassen musste.
Aber was treibt die Menschen am 24. Dezember um 9 Uhr morgens in ihre Ersatzkirche, in die Schauburg? Es ist ein Messias namens Brian, den Jünger auf aller Welt seit 1979 bejubeln und sich vor Lachen in den Kinosesseln rollen. Manche würden die Dialoge live mitsprechen, munkelt man.
Seit Erscheinen des Streifens wird ihm und seinen Machern ja Blasphemie vorgeworfen. Doch sagt Brian nicht die einzig wahren Worte? „Es ist wirklich nicht nötig, dass Ihr mir folgt. Es ist völlig unnötig, einem Menschen zu folgen, den Ihr nicht mal kennt. Ihr seid doch alle Individuen. Ihr habt Euch von niemandem sagen zu lassen, was Ihr tun und lassen sollt!“
Wer unserem Tipp trotzdem folgen will, der kann frei entscheiden, ob er für einen sozialen Zweck spenden will. In diesem Jahr sollen die Erlöse einer pädagogischen Wohngruppe für Jugendliche zugutekommen. Und wer noch schrottige Geschenke vom vergangenen Jahr übrighat, der darf sich an der Wichtelbörse beteiligen. Recycling statt Wegwerfen. Das gefiele sicher auch dem nahenden Christkind.
Monty Pythons „Das Leben des Brian“, 24. Dezember, 9 Uhr, Filmtheater Schauburg, Eintritt frei, Spenden erwünscht
Text: Nadine Faust
Foto: Amac Garbe
2 Gedanken zu “Am Anfang war das Stollenessen”