Campuskolumne

In letzter Zeit tat mir der Kopf oft weh – vom ganzen An-den-Kopf-Greifen. Die ständigen gegenseitigen Schuldzuweisungen sowohl beim VW-Abgas-Skandal als auch bei der BND-NSA-Affäre gehen einfach an die Substanz der Glaubwürdigkeit. Irgendjemand muss doch da einfach mal die Verantwortung übernehmen und reinen Tisch machen! Ohne Klärung der Sache keinerlei Möglichkeit zur Problemlösung.

Ich musste wohl erst selbst mit der Frage der Verantwortlichkeit konfrontiert werden, um verstehen zu können, wie schwer diese eigentlich zu beantworten ist. Eine solche Konfrontation hatte ich letztens bei einer Zugreise. Als Dresdner Student hat man durch das Semesterticket in der Regel sehr viel Bewegungsfreiheit innerhalb von Sachsen, aber sobald es darüber hinaus geht, muss ein zusätzliches Ticket her. An besagtem Tag ging es nicht weit aus Sachsen raus, aber es hätten eben ein paar zusätzliche Zonen nachgelöst werden müssen. Auf Nachfrage am Informationsschalter der Bahn erhielt ich die Ansage, in der entsprechenden Bahn sofort die Zugbegleitung aufzusuchen und die zusätzliche Fahrkarte zu erwerben. Jedoch war im Zug weder die Zugbegleitung auffindbar, noch kam jemand vorbei, um Fahrkarten zu kontrollieren, sodass ich die Strecke letztendlich ganz ohne Ticket absolvierte.

Das war in diesem Moment sehr bequem für mich und hat sogar gewisse Kosten erspart, aber dennoch warf es eine grundlegende Frage auf: Hätte ich dafür belangt werden können? Meine Antwort auf diese Frage lautete nach einigem Überlegen ganz klar: Ja! Ich habe mich einfach auf die Auskunft irgendeiner Person verlassen, ohne mich noch einmal selbst zu versichern, und war deshalb im Grunde schwarzgefahren. Wenn ich erwischt worden wäre, hätte man mich zu Recht zur Verantwortung ziehen können.

Deshalb ist es gerade auch in viel weitgreifenderen Fragen klar, dass eine Frau Merkel oder ein Herr Dobrindt voll zur Verantwortung gezogen werden können. Sie haben sich auf andere Institutionen bzw. ihre Mitarbeiter verlassen, ohne sich selbst zu versichern, und wahrscheinlich die Vorteile genossen, die eine gewisse Unwissenheit mit sich bringt. Aber am Ende des Tages ist es an ihnen, als oberste Instanz der Bundesrepublik Deutschland volle Verantwortung zu übernehmen, um eine Lösung drängender Probleme zu ermöglichen. Dann würden unser aller Köpfe auch weniger schmerzen.

Text: Carl Lehmann

Foto: Amac Garbe

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert