Literaturtipp des Monats: Drei Tage im Schnee

Manchmal braucht es Stille, Kälte und ein kleines Holzhaus im Nirgendwo, um wieder etwas in sich zu spüren. In „Drei Tage im Schnee“ erzählt Ina Bhatter die Geschichte von Hannah, einer Frau, die funktioniert, organisiert und abliefert, aber innerlich längst leblos ist.

Wenn das Außen widerspiegelt, was innen fehlt

Um dem Alltag zu entkommen, mietet Hannah für drei Tage ein kleines Holzhaus. Draußen ist alles grau und still. So fühlt sie sich auch. Eigentlich müsste sie ein schlechtes Gewissen haben, denn diese Auszeit nur für sich statt für Termine, Freunde, Verpflichtungen hat in ihrem Leben als Führungskraft keinen Platz.

Und dann steht plötzlich ein Kind im Schnee. Ein roter Mantel. Schneeengel. Lachen. Ein Moment, der so leicht aussieht und der Hannah schmerzhaft bewusst macht, wie lange sie sich selbst nicht mehr so gefühlt hat.

Sophie und das Schneeeinhorn

Das Mädchen heißt Sophie. Sie rollt mit Hannah eine riesige Schneekugel zusammen und sie bauen ein „Schneeeinhorn“. Für das Horn holen sie einen Eiszapfen vom Bootshaus. Alles ist verspielt, leicht und genau das fehlt Hannah. Trotzdem greift sie reflexartig zum Handy, checkt Mails, lässt die innere Stimme wieder alles schlechtreden. Diese Stimme, die sagt: „Du darfst das nicht. Du bist erwachsen. Sei sinnvoll!“

Aber sie geht raus. Drinnen trinken sie Kakao. Später ist Hannah wieder allein und denkt an ihr Leben. An die Leichtigkeit von früher. An das Gefühl, morgens aufzuwachen und sich auf den Tag zu freuen. An dieses warme, kindliche Gefühl, geliebt zu werden.

Drei Tage, die etwas verändern

Erwachsene, denkt Hannah, sind immer woanders. Immer im Nächsten. Immer im Reagieren: Nachrichten, Arbeit, Konsum, Erwartungen.

Die Beiden gehen zusammen raus, machen eine Schneeballschlacht, besuchen die Schneeengel vom Vortag, das „Schneeeinhorn“, bauen ein Iglu.

Und dann diese Frage, die alles trifft: Warum bist du eigentlich hier? „Um Energie zu tanken“, sagt Hannah. Sophie versteht das nicht. Hannah ist doch kein Auto.

Leise und hoffnungsvoll

Ina Bhatter erzählt diese Geschichte ruhig, sanft, fast still. „Drei Tage im Schnee“ ist kein provokantes Buch. Es ist eines, das man leise liest und das etwas in einem verschiebt.

Ein Roman für alle, die sich verloren fühlen im Funktionieren. Und für alle, die sich erinnern wollen, wie es sich anfühlt, einfach im Schnee zu liegen und nichts zu müssen.

Text: Alexandra Caspar

Foto: Amac Garbe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert