Da liegt was in der Luft

Etwa 20.000 Mal am Tag durchströmt uns Luft. Wir atmen ein, atmen aus. Inhalieren Duftstoffe, die uns an einen Tag am Gardasee erinnern, wenn wir etwa an einer Zitrone riechen. Oder einen Waldspaziergang, wenn es beginnt zu regnen. Oder Weihnachten, wenn der Backofen langsam hochheizt und der Zimtgeruch des Kuchens nach und nach die Wohnung füllt. Oder an den kindlichen Ausflug mit dem Bruder auf der Simson, wenn wir die entsprechenden Abgase wahrnehmen. Diese Abgase, die zunehmend die anderen Gerüche übertünchen, der Lunge die Luft zum Atmen nehmen und sich auch über die wohlriechenden Zitronen legen.

Stickige Luft für das Wirtschaftswachstum

Circa 300.000 Menschen sterben in der Europäischen Union jedes Jahr an Luftverschmutzung. Dabei gilt stickige Luft als Ausdruck wirtschaftlichen Wachstums. Wie sonst lässt sich erklären, dass bestimmte Menschen immer noch für den Erhalt von Kohlekraftwerken kämpfen und Solar- und Windkraftanlagen verteufeln? Wie die Faszination für die dunstgeschwängerten Gemälde von William Turner? Oder der Impressionist:innen?

Mittlerweile wird Luftverschmutzung gern ausgelagert, in Produktionsstätten nach Asien zum Beispiel. Deswegen sind Aussagen, dass es nicht viel ändern würde, wenn Deutschland seine Emissionen auf 0 runterfährt, Augenwischerei. Das verdeutlichen auch einige Exponate in der Sonderausstellung „Luft. Eine für alle“, die noch bis zum 26. Oktober im Deutschen Hygiene-Museum Dresden zu sehen ist.

Drei Räume für die Luft

In drei Ausstellungsräumen plus Vorraum geht es zunächst um die individuelle Wahrnehmung von Luft und damit verbundene Gefühle, um dann allgemeingültigere Definitionen von Luft zu finden. Danach werden die Auswirkungen von Luft und unsere Einflussnahme untersucht, Möglichkeiten der Nutzung, Regulierung und Abgrenzung, wenn man etwa an das Biosphären-Experiment denkt. Und schließlich wird das Politikum Luft aufgerollt, denn Luft als globales Gemeingut lässt sich nur regulieren, wenn möglichst alle an einem Strang ziehen. Und sind dabei nicht manche Worte von Politiker:innen nur heiße Luft?

Wer das in der Ausstellung ergründen will, braucht einen langen Atem, denn die Begleittexte sind umfangreich. Wem das trotzdem nicht reicht, der kann den zugehörigen Podcast konsultieren oder an einer Führung teilnehmen. Ende Oktober darf zudem bei der letzten Luftstatt experimentiert, ausprobiert und verschnauft werden.

Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen, ermäßigter Eintritt gegen einen Obolus von sechs Euro.

Text: Nadine Faust

Fotos: Amac Garbe

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