Niemals grau. Das war die Ostrale als Dresdner Ausstellung für zeitgenössische Kunst seit ihrer Etablierung 2007 sowieso nie, doch in diesem Jahr haben die Macher:innen der Biennale sich diesen Titel selbst gegeben: „Never Grey“. Zu sehen ist sie noch bis zum 5. Oktober in der robotron-Kantine und der Gedenkstätte Bautzner Straße.
„Never Grey“ soll vor allem aber die Buntheit der Menschheit versinnbildlichen und ein Schaufenster mit besonderem Blick auf die Kunst Osteuropas sein. Insgesamt sind etwa 300 Kunstwerke von 106 Künstler:innen aus 32 Nationen zu sehen. Eine deutsche bzw. mitteleuropäische Konzentration ist dennoch nicht zu leugnen.
Die unterschiedlichen Ausstellungsräume sind nach Farben gegliedert und widmen sich verschiedenen Themen. Geht es im Keller eher um Existenzielles wie Krieg, folgen in Raum 2 etwa Konsum und Überfluss, gefolgt von Identitätsfragen und inneren Welten. Auch Umweltprobleme und Ökologie werden thematisiert: zum einen die Folgen, die unser Umgang mit der Natur hat, aber auch die Räume, die sich die Natur zurückerobert.
Dabei ist zu beobachten, dass die Kunstwerke manchmal sehr für sich selbst sprechen. Die Themen sind schnell erkennbar oder lassen sich spätestens bei der Lektüre der ausführlichen Ausstellungstexte ergründen. Das wirkt mitunter arg didaktisch und fühlt sich nach erhobenem Zeigefinger an, erklärt sich vielleicht aber auch damit, dass die Ostrale ein umfangreiches Didaktikprogramm fährt: Es gibt nicht nur je zwei Führungen samstags und sonntags, sondern donnerstags und freitags auch eine Vielzahl für Schulklassen. Der neue Natur-Parkour in der Ostrale-Basis in Übigau mutet ebenso erzieherisch an.
Entdeckungsreise durch die Kunstgattungen
Einen eher künstlerischen Zugang ermöglichen hingegen die aufgeschlagenen Gedichte der Amerikanerin Mary Oliver, die an mehreren Stellen der Ausstellung zu finden sind und das Gesehene um eine Assoziationsebene erweitern. Auch die verschiedenen Kunstgattungen, die hier vertreten sind, machen Lust auf Entdeckungen – wenn die Koschies etwa mit einer 360°-Fotografie nicht nur die Herkunft von „SchwarzRotGold“ hinterfragen, sondern auch unsere Sehgewohnheiten ordentlich auf den Kopf stellen; wenn Screenshots in Mosaiktechnik umgesetzt werden; wenn veraltete Technik erst gehäkelt und dann vakuumiert wird; wenn kleine Modellfiguren auf Blechdosen platziert werden.
Das adressierte Publikum ist also breiter gestreut, als man auf den ersten Blick denken mag. Es gilt, sich seine Nische zu suchen und dann abzutauchen ins Erlebnis Ostrale. Bis 5. Oktober donnerstags bis sonntags von 11 bis 19 Uhr in der robotron-Kantine und täglich von 10 bis 18 Uhr in der Gedenkstätte Bautzner Straße. Ein Kombiticket kostet ermäßigt zehn Euro. Nach Anmeldung gibt es donnerstags um 17.30 Uhr tänzerische Rundgänge durch die Ausstellung.
Text: Nadine Faust
Zum Titelfoto: Olia Fedorova, „Off-Road Signs“
Fotos: Matthias Pohl & Nadine Faust