Die aktuelle Ausstellung „Handwerk, Kunst und Hightech“ im Kupferstich-Kabinett zeigt den ganzen Kosmos der Papierrestaurierung.
Unsichtbare Arbeit sichtbar gemacht
Wer an Museumsarbeit denkt, hat meist die ausgestellten Kunstwerke und ihre kunsthistorische Erforschung im Kopf. Was dabei oft übersehen wird: Die Arbeit der Restaurator:innen, die im Idealfall so unauffällig bleibt, dass sie kaum auffällt – und doch ist sie essenziell. Die Ausstellung „Handwerk, Kunst und Hightech. Papierrestaurierung am Kupferstich-Kabinett“ rückt diese stille, aber unverzichtbare Tätigkeit ins Zentrum und macht sie für Besucher:innen erfahrbar.
Bis zum 13. Juli öffnet die Ausstellung ein Fenster in die Welt der Papierrestaurierung und zeigt, wie Werke aus sieben Jahrhunderten bewahrt werden. Dabei reicht das Spektrum von klassischer Handwerkskunst bis hin zu Hightech-Methoden. Dass der Einblick so anschaulich und tiefgehend gelingt, liegt auch daran, dass die Ausstellung von den Restaurator:innen selbst konzipiert und kuratiert wurde.
Vier Dimensionen: Papier, Licht, Wasser und Zeit
Die Ausstellung ist entlang von vier Leitmotiven aufgebaut: „Papier“, „Licht“, „Wasser“ und „Zeit“. Jedes Thema wird durch großformatige, eigens von der Dresdner Künstlerin und HfBK-Absolventin Ines Beyer gestaltete Papierbanner inszeniert. Diese Unikate betonen den künstlerisch-handwerklichen Charakter der Schau. Orangefarbene Wandflächen, die wie Pinnwände gestaltet sind, visualisieren verschiedene Restaurierungsprozesse. Ergänzt wird dies durch Videoprojektionen auf Tischen, die Schritt für Schritt zeigen, wie etwa eine vergilbte Zeichnung restauriert oder eine Grafik im Wasserbad vom Trägerkarton gelöst wird.
Der Rundgang beginnt mit Selbstporträts: Ein Kreidebild von Max Liebermann trifft auf eine Federzeichnung eines Rembrandt-Schülers und ein frühes fotografisches Selbstporträt von Genja Jonas. Natürlich darf in einer Ausstellung des Kupferstich-Kabinetts auch ein niederländischer Kupferstich nicht fehlen, der die Arbeit in einer Kupferstecherwerkstatt dokumentiert.
Was normalerweise verborgen bleibt
In vier Themenbereichen werden selten gezeigte Zeichnungen und Grafiken aus dem über 500.000 Werke umfassenden Bestand präsentiert – darunter auch solche, die aufgrund ihres schlechten Zustands sonst nicht ausgestellt würden. Neben restaurierten Blättern hängen (noch) unbearbeitete Arbeiten, deren Schäden durch UV-Licht, Wasser oder Alterung offen sichtbar sind. In Vitrinen und auf Tischen werden die passenden restauratorischen Eingriffe demonstriert: von der Reinigung über Retuschen bis zu speziellen Klebetechniken. Johanna Ziegler, Leiterin der Restaurierungswerkstatt, beschreibt die Rolle ihres Teams als Bindeglied zwischen Naturwissenschaft und Kunstgeschichte – ein interdisziplinärer Ansatz, der besonders für Studierende spannend sein könnte.
Eine großformatige Rahmenwandinstallation verdeutlicht, wie sich Anforderungen an Lagerung und Präsentation von Papierkunstwerken im Laufe der Zeit verändert haben – ein Spannungsfeld zwischen Schutz und Präsentation.
Fokus Fürstenzug
Im sogenannten „quadratischen Raum“ gibt es einen besonderen Einblick: Hier wird die Restaurierung der monumentalen Vorzeichnungen für den berühmten Dresdner Fürstenzug live demonstriert. Die elf nebeneinander montierten Kartons sind die größten Papierarbeiten der Sammlung – zusammen etwa 100 Meter lang und vier Meter hoch. Selbst der hier gezeigte Ausschnitt ist beeindruckend.
Ergänzt wird dies durch die Forschung der Kunsthistorikerin Marion Heisterberg, die an den Wänden und in Vitrinen zeigt, wie viele alternative Entwürfe und Ideen für den Fürstenzug im 19. Jahrhundert entstanden und wie sorgfältig der heutige Zug historisch recherchiert wurde.
Die restaurierten Kartons werden ab September 2025 in der Ausstellung „William Kentridge. Listen to the Echo“ im Albertinum in Dresden zu sehen sein – ein schönes Beispiel für das Zusammenspiel von oft unsichtbarer Restaurierungsarbeit und kunstwissenschaftlicher Vermittlung.
„Handwerk, Kunst und Hightech. Papierrestaurierung am Kupferstich-Kabinett“ bis 13. Juli täglich (außer Dienstag) von 10 bis 17 Uhr im Residenzschloss. Diesen Freitag (20.6.) um 14 Uhr gibt es noch einmal die Gelegenheit, bei einer Kurator:innenführung tiefere Einblicke in die Restaurierungsarbeit und die Ausstellung zu erhalten. Treff im Kleinen Schlosshof.
Text & Fotos: Susanne Magister