Thoughts of Solidarity @ Filmfest Dresden

Vor zwei Wochen fand das 37. Filmfest Dresden mit dem Schwerpunktthema Solidarität statt. Doch inwieweit war das Thema beim Festival vertreten? Ein kleiner Rückblick.

Was machen wir, wenn wir auf eine andere Meinung stoßen? In unserer Gesellschaft hat sich vermeiden, schweigen und weggehen durchgesetzt oder – noch schlimmer – schreien und beschimpfen in mündlicher und schriftlicher Form. Die Steigerung davon ist körperliche Gewalt. Eine Tendenz, die sich auch in der politischen Entwicklung weltweit widerspiegelt. Eine Tendenz, die ein Gegengewicht braucht.

Eine Ausformung dieses Gegengewichts ist die Solidarität. Solidarität mit Geflüchteten. Solidarität mit Menschen, die nicht in die Welt der Cis-Heteronormativität passen. Solidarität mit Menschen, die vom Klimawandel betroffen sind – auch wenn diese außerhalb unseres eigenen Erfahrungsraums leben. Denn die Veränderungen des Klimas und die damit verbundenen Auswirkungen nehmen viele Menschen erst wahr, wenn es vor der eigenen Haustür spürbar ist, weil es etwa wochen-, vielleicht monatelang nicht wirklich regnet und dann wiederum in einem Ausmaß, das kein ausgedürrter Boden aufzunehmen vermag.

Das Recht auf Wasser in Bogotá

Dieses Phänomen hat Filmemacher Carlos Velandia, dessen gemeinsamer Film „Este no es tu jardín“ mit Angélica Restrep im Schwerpunkt-Programm WeAct beim 37. Filmfest Dresden lief, auch im Anschluss an das erste Screening des Programms beschrieben. Solange der Klimawandel in Bogotá nicht spürbar war, war er kein Thema. Nun herrscht Wassermangel, während Coca-Cola das flüssige Nass zur Bewässerung seiner Pflanzen nutzt.

Dass eigenes Erleben immer wichtig ist, um zu verstehen, ist kein Geheimnis. Doch Filme geben eine Möglichkeit, sich in die Erfahrungen anderer hineinzuversetzen. Und wenn ein Film es schafft, uns zu berühren, kann das ein immersives Erlebnis sein. Blöd nur, wenn manche Menschen sich nicht trauen, bestimmte Orte aufzusuchen. Etwa, weil ihnen dann ein Label aufgedrückt wird, wie Ocean Hale Meißner, aktiv u. a. bei Queeres Döbeln, bei der Diskussion „Bound by Limits“ erzählte.

Erfahrungsaustausch

Menschen nicht nur nach ihren Meinungen, sondern nach ihren Erfahrungen zu fragen, ist wichtig. Das weiß nicht nur der Verein metro polis in Dresden, der Demokratiearbeit in der Straßenbahn leistet. So berichtet Kokutekeleza Musebeni in ihrem hybriden Film „The Thoughts of Our Ancestors“ von ihrer Kindheit als Schwarzes Mädchen in einer weißen Welt, in der sie so nicht leben wollte. Doch als sie nach Tansania in die Heimat ihres Vaters kommt, wird sie dort als weiß angesehen. Der Name des Programms „Heimat – kein Ort, sondern ein Wir“ könnte kaum passender sein – wenn man denn solch ein Wir hat.

Auch die Schauspielerin und Filmemacherin Benita Bailey, Gründungsmitglied des Schwarze Filmschaffende e. V., kann von solch einer Kindheit in Thüringen berichten. Sie hat sich nicht nur mit der Gründung des Vereins eine Heimat geschaffen. Sie gibt auch anderen Menschen in ähnlichen Situationen Halt, was in der Diskussion mit der Drehbuchautorin Vic So Hee Alz, der Produzentin Rachel Pronger und Moderatorin Mateja Meded deutlich wurde.

Solidarität nach außen tragen

Doch Festivals sind gewissermaßen geschützte Räume. Ein Treffen unter Gleichgesinnten. Das wohl weniger an jene herankommt, die mit Solidarität nichts am Hut haben. Aber vielleicht kann es Individuen erreichen, die noch am Scheideweg stehen. Und Menschen unterstützen, die es brauchen. Denn die Aufmerksamkeit liegt ja leider immer noch bei denen, die am lautesten schreien – in Großbuchstaben und mit drei Ausrufezeichen.

Text: Nadine Faust

Foto: Amac Garbe

Transparenzhinweis: Die Autorin ist selbst für das Filmfest Dresden tätig.

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