Männer, die Kittelschürze tragen und dem weiblichen Geschlecht zum Frauentag Kaffee servieren. Das ist nicht nur ein wahnsinnig klischeehaftes Bild, sondern auch alles andere als ein Ausdruck von Gleichberechtigung. Das wird in Torsten Körners Dokumentarfilm „Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!“ deutlich, als ein Ausschnitt aus „Der Augenzeuge – Die DEFA Wochenschau“ gezeigt wird. Denn wer nur am Frauentag den Damen einen Kaffee serviert, hat wohl den Sinn der Gleichberechtigung nicht verstanden.
Nachdem 2021 mit Körners Film „Die Unbeugsamen“ seine Auseinandersetzung mit den Frauen der Bonner Republik in die Kinos gekommen war, kam schnell die Frage auf, was mit den Frauen aus dem Osten ist. Doch Körner wusste, dass es hier einer anderen Betrachtungsweise, eines eigenen Filmes bedurfte, gab es doch erst 1990 die ersten freien Wahlen in der DDR und dementsprechend auch freie Rede. 15 Frauen – von der Gleichstellungsbeauftragten über die Schlagzeugerin bis hin zur Landwirtin – berichten nun von den Gleichstellungskämpfen im Osten. Zwar war die Gleichstellung von Mann und Frau gesetzlich festgelegt und durch die Arbeitstätigkeit vieler Frauen wurde sie auch als erfüllt angesehen, doch die Probleme waren ähnliche wie die im Westen – und doch irgendwie anderer Natur.
„Frauen, wenn wir heute nichts tun, leben wir morgen wie vorgestern.“ Diese Aussage der Künstlerin Annemirl Bauer wirkt dabei nicht nur wie ein Omen, sondern angesichts erstarkender rechtskonservativer Kräfte wie eine Drohung.
Beschwingter Feminismus
Eine ähnliche Grundaussage hat auch Margherita Vicarios Spielfilmdebüt „Gloria!“, doch der Ansatz ist ein anderer. Denn in Venedig wurden vom 16. Jahrhundert bis zum Ende der Republik in den vier sogenannten Ospedali verwaiste Mädchen aufgenommen und musikalisch ausgebildet. Aus dieser Zeit ist allerdings nur eine einzige Komponistin bekannt: Maddalena Laura Lombardini Sirmen.
Vicario, selbst italienische Musikerin und Schauspielerin, hat darum eine Geschichte ersponnen. Im Zentrum steht die vermeintlich stumme Magd Teresa, die die Geräusche ihrer Umgebung als Musik wahrnimmt. Dabei genießt sie gar nicht die musische Ausbildung des Maestro Perlina, die zuletzt aber eh zu wünschen übrig ließ. Das frustriert auch Lucia, die nicht nur im Orchester des imaginären Kollegium Sant Ignazio die erste Geige spielt, sondern sich auch als Anführerin eines Mädchenquartetts sieht. Teresa ist es aber, die in einem Nebengelass den Prototyp eines Pianoforte findet. Fortan verbringen die fünf jungen Frauen jede Nacht im Verlies und entwickeln ihre eigene Vorstellung von Musik, die schließlich auch der Papst zu hören bekommen soll.
Vicario hat mit ihrem Film ein emanzipatorisches Märchen, ja eine Utopie erschaffen, bei der es wirklich Spaß macht zuzuschauen. Und die ein Beleg sein könnte für das Sprichwort: „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin.“
Text: Nadine Faust
Titelfoto zum Film „Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!“: Wandmosaik „Frieden“ von Walter Womacka in Berlin Marzahn. © Majestic/Anne Misselwitz