Wir essen alle. Aber was und wie wir essen, ist mitunter sehr unterschiedlich. Auch wie wir unser Essen zubereiten oder von wem wir es kochen, backen, brutzeln lassen, könnte nicht verschiedener sein. Während die einen die Sterneküche etwa als abgehoben belächeln, ist es für andere der Inbegriff von Genuss, Wertschätzung und einem bewussten Umgang mit Lebensmitteln. Doch wie sieht es hinter den Kulissen von gehobenen Restaurants aus und wie findet sich eine junge Frau dort zurecht? Das zeigt der Dokumentarfilm „She Chef“ von Melanie Liebheit und Gereon Wetzel.
Die Idee zum Film hatte Produzent Thomas Herberth, der mit der Protagonistin Agnes Karrasch eine Zeit lang eine WG teilt. Eine WG, in der gekocht wird, was zu regelrechten Dinnerpartys führt. Doch Agnes Karrasch will eigentlich nicht Köchin werden, sondern um die Welt reisen, weswegen sie Travel & Tourism Management in England studiert. Aber die Lust am Kochen ist groß und sie bekommt so viel Zuspruch, dass sie schließlich doch eine Ausbildung zur Köchin macht – im Zwei-Sterne-Restaurant Steirereck in Wien.
Reisen und Kochen
Mit der Ausbildung und einem Weltmeistertitel in der Tasche will Agnes auf Wanderjahre gehen und sucht sich Spitzenrestaurants auf der ganzen Welt aus, zu denen Melanie Liebheit und Gereon Wetzel sie begleiten. Zunächst ins Vendôme auf Schloss Bensberg, wo sie nicht nur den Chef begeistert, sondern auch Freundschaft mit Souschef Dennis Melzer schließt.
Bei der zweiten Station im Disfrutar in Barcelona macht sich Agnes mit der Molekularküche vertraut – und wird durch die Corona-Pandemie jäh ausgebremst. Die Lösung: das abgelegene Koks auf den Färöerinseln, die nahezu frei sind vom Virus. Ein Umweg in Agnes‘ Leben, der Folgen haben wird.
Gucken und Essen
Es ist spannend zu beobachten, wie sich Agnes in der Männerdomäne Sterneküche zurechtfindet und ihre Chefs von ihrem Können überzeugt. Gleichzeitig gibt es einen Einblick in verschiedene Küchenphilosophien und Teamgefüge. Somit ist „She Chef“ nicht nur für Fans der gehobenen Küche geeignet, sondern auch für jene, die wissen wollen, wie das Konstrukt Arbeit in der heutigen Zeit funktionieren kann – nicht als notwendiges Übel, um den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern vor allem als Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten auszuleben und sich zu verwirklichen. Für die Zeit nach dem Kinobesuch einen Tisch im Lieblingsrestaurant zu reservieren, kann trotzdem nicht schaden.
Text: Nadine Faust
Foto: Agnes Karrasch hört gespannt der Teambesprechung im Restaurant Koks zu. © Camino Filmverleih 2023