Weihnachten steht noch nicht direkt vor der Tür, aber langsam steigt die Nachfrage nach Süßwaren, die für kurze Zeit in großen Massen für das Christfest produziert werden. Ich durfte beobachten, wie die Produktion von Pralinen funktioniert, weil ich für kurze Zeit bei einem großen Lebensmittelunternehmen tätig war. Ich habe dort 40 Stunden pro Woche von Montag bis Freitag und auch manchmal am Samstag gearbeitet. Das Unternehmen gehört mittlerweile mehrheitlich zu einem westdeutschen Konzern. Die Produktion findet in Ost-Deutschland statt. Jede*r darf dort arbeiten. Die Arbeitserfahrung spielt dabei keine Rolle. Aus welchem Grund sind in diesem Bereich unqualifizierte Arbeitskräfte erwünscht?
Ich war dort über eine Zeitarbeitsfirma tätig. Die Massenproduktion von Pralinen ist eine monotone Arbeit. Neben schweren Kisten mit kleinen Stücken gefüllten Konfekts und Tonnen von Müll, der weggeschmissen wird, werden die Zeitarbeiter*innen als Maschinen, nicht als Menschen gesehen. Ein Beispiel: Die Maschine war schnell eingestellt und die Blisterverpackungen mit den Pralinen mussten schnell per Hand eingepackt werden. Wer zu langsam war, bekam Ärger von den Festangestellten. Ich habe gesehen, wie manche Zeitarbeiter*innen weinten, weil sie Schmerzen in Händen oder Rücken hatten. Es gab auch großen Druck vom Zeitarbeitsunternehmen. Wer krank war, wurde immer gefragt, was er oder sie genau hat. Obwohl der Arbeitgeber diese Frage nicht stellen darf. Es wurde auch gesagt, wenn sie sich eher besser fühlen, sollen sie zur Arbeit kommen – obwohl diese Sache ein Arzt oder eine Ärztin entscheiden sollte.
Ich selbst habe meinen Arbeitgeber informiert, dass ich mich zum zweiten Mal impfen lasse und von meinem Hausarzt empfohlen wird, drei Tage zu Hause zu bleiben. Der Arbeitgeber meinte, dass es vielen Menschen nach der Impfung gut geht und ich trotzdem zur Arbeit kommen soll. Wenn es mir schlecht gehen würde, könne man darüber sprechen. Vor allem war ich nicht als Wissenschaftlerin oder Ingenieurin tätig, sondern als Produktionshelferin für ein bisschen mehr Gehalt als den Mindestlohn. Wenn ich überlege, welchen Lohn ich für schwierige, immer im Stehen geleistete körperliche Arbeit bekam, wird mir klar, aus welchem Grund keine Vorkenntnisse erwünscht sind. Das ist eine Arbeitsausbeutung, vor allem, dass in dem Bereich viele Menschen aus dem Ausland tätig sind, weil diese Menschen aufgrund der gesetzlichen Grundlagen keinen Anspruch auf ALG II haben und dort arbeiten mussten, weil ihre Diplome in Deutschland nicht anerkannt wurden.
Und wenn ich zudem überlege, wie viele Pralinen weggeschmissen werden, weil sie einen kleinen Riss haben oder die Schokolade geschmolzen ist, anstatt bedürftigen Menschen oder Kindern das Produkt zu geben. Auch was das für die Umwelt bedeutet. Diese Tatsachen haben mich immer wütend gemacht.
Aber welche Pralinen zählen zur Massenproduktion? Die Pralinen, die im Lebensmittelgeschäft 0,99 Cent kosten. Ich möchte nicht sagen, dass Massenproduktion immer schlecht ist. Viele Studierende oder Menschen, die nicht viel verdienen, haben keine Möglichkeit, teurere Süßigkeiten zu kaufen. Aber die Art und Weise, wie alles produziert wird, ist das Problem. Vielleicht können wir darüber nachdenken, was wir konsumieren und was hinter den Kulissen passiert. Meine Meinung ist: Einen Kuchen selbst zu backen, lohnt sich mehr.
Text: Anna Shtutina
Foto: Amac Garbe
Sie haben leider vollkommen Recht mit der Meinung, dass scheinbar für die Arbeit ungebildete Menschen gern gesehen werden, da es dann für das Unternehmen kostengünstiger arbeitende Menschen sind. Bildung ist demnach ein sehr hohes Gut.
Wir sollten also nach Möglichkeit uns viel mehr auf unsere Fähigkeiten besinnen und manches selbst „produzieren.
Ich möchte Sie zitieren, „vielleicht können wir darüber nachdenken, was wir konsumieren und was hinter den Kulissen passiert. Meine Meinung ist: Einen Kuchen selbst zu backen, lohnt sich mehr“.