Campuskolumne

Sicherheit. Dieses Wort war in den vergangenen Tagen und Wochen wieder in aller Munde. Aktuellen Anlass gab die Münchner Sicherheitskonferenz, die am Sonntag zu Ende gegangen ist und etliche Spannungen zwischen Deutschland und den USA sowie Russland zutage gefördert hat. Heute debattiert der deutsche Bundestag über die Ergebnisse der Konferenz. Wobei, zu Ergebnissen ist die Konferenz gar nicht gekommen, sondern nur zu Bekundungen darüber, was für einzelne Staaten geht und was nicht geht.

Gängig für Deutschland scheint eine Liberalisierung der Rüstungsexporte. Geht es um Rüstungsexporte, sollten „wir Deutschen nicht so tun, als seien wir moralischer als Frankreich oder menschenrechtspolitisch weitsichtiger als Großbritannien“, so Ursula von der Leyen.

Müssen wir aber! Meine Güte, haben wir aus der Geschichte denn gar nichts gelernt? Sind wir uns denn nicht einig darüber, dass Waffen Menschen töten? Dass Krieg Leid bringt? Dass zwei Weltkriege genug sind? Es braucht nicht eine gemeinsame europäische Rüstungspolitik, sondern eine gemeinsame Abrüstungspolitik. Und es braucht deutliche Zeichen an die USA, die mit ihrem Rücktritt vom gemeinsamen INF-Vertrag mit Russland dafür gesorgt haben, dass globales, nukleares Wettrüsten wieder möglich wird. Dass Russland den Vertrag verletzt hat, steht außer Frage. Die Annexion der Krim sowie die militärische Unterstützung ukrainischer Separatist_innen stehen auf einem anderen Blatt. Dass sowohl die USA als auch Russland auf militärische Stärke statt Abrüstung setzen, soviel ist sicher. Dass Europa nicht Spielfeld US-amerikanisch-russischer „Raktenvergleiche“ sein kann, muss aber auch klar sein.

Keine neuen Mittelstreckenraketen in Europa, dafür demonstrierten dann auch zwischen 4.000 und 5.000 Menschen am Samstag in München. Und gegen Deutschlands Waffenlieferungen ins Ausland.

Deutschland ist nach aktuellen Recherchen des Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Joachim Krause, der sechstgrößte Waffenexporteur der Welt. Zudem stellte er fest, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen der Eigenwahrnehmung deutscher Rüstungsexporte als Entfacher nationaler wie internationaler Krisen und der tatsächlichen Rolle hinsichtlich der Eskalation von Kriegen und Konflikten. Wenn gar nicht genau belegbar ist, welche Waffen Menschen erschießen und welche nur als Abschreckung getragen werden, warum sich dann Sorgen machen? Es kann doch so einfach sein. Warum leiden wir Deutschen nur so unter unseren Waffenexporten? Danke für diese beruhigende Erkenntnis, Herr Krause!

Im Zwischenbericht zu den Rüstungsexporten des ersten Halbjahres 2018 liest man, dass die deutschen Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken sind. Gestiegen sind allerdings die Einnahmen aus Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien – von etwa 99 auf 162 Millionen. Saudi-Arabien rutscht damit von Platz 8 auf 3 der Länder, in die wir Rüstungsgüter exportieren, nur Algerien und Trumps Amerika erhalten mehr. Erst musste jemand brutal ermordet werden, um den Exporten nach Saudi-Arabien im Herbst 2018 ein Ende zu bereiten. Übrigens: Um dem Irrsinn die Krone aufzusetzen, will Rheinmetall die Bundesregierung wegen des Exportstopps (das zunächst bis zum 9. März 2019 gilt) verklagen. Geht‘s noch?

Auch wurden mehr Kleinwaffen als im Vorjahreszeitraum an Drittländer (Nicht-EU-Staaten, Nicht-NATO- oder NATO-gleichgestellte Länder) exportiert. Komisch, es stellt sich bei mir so gar kein Sicherheitsgefühl ein, wenn ich die Auflistung derartiger Dinge sehe, die da massenhaft in die USA exportiert werden: „Gewehre mit KWL-Nummer [KWL = Kriegswaffenliste], Maschinenpistolen, Gewehre ohne KWL-Nummer, Scharfschützengewehre, Revolver, Pistolen, Jagdgewehre, Sportgewehre, Sportrevolver, Sportpistolen, Selbstladebüchsen, Vorderschaftrepetierflinten, Schalldämpfer, Rohrwaffen-Lafetten, Magazine, Mündungsfeuerbremsen, Waffenzielgeräte“, Munition für diese, Zielerfassungssysteme etc.

Auch Erdogan liefert Deutschland bereitwillig Rüstungsgüster: 2018 waren es von Januar bis Oktober etwa 200 Millionen, im gesamten Vorjahr 2017 waren es „nur“ 60 Millionen. Zum Glück hat Erdogan ja bewiesen, dass er verantwortungsvoll mit Waffen umgeht …

„Zustand des Sicherseins, Geschütztseins vor Gefahr oder Schaden; höchstmögliches Freisein von Gefährdungen“, so definiert der Duden das Wort Sicherheit. Wettrüsten oder die Mithilfe dabei bringt ganz sicher keine Sicherheit. Lehrer_innen Waffen in die Hände zu geben, bringt sicherlich keinen Schutz vor Gefahr und Schaden.

Für Deutschland bleibt zu hoffen, dass die Regierung der (Rüstungs-)Industrie endlich einmal echte Regeln auferlegt: und zwar weniger unverbindliche Selbstverpflichtungen, sondern mehr Gesetze. Und das gilt für alle Industrie- und Wirtschaftszweige, nicht nur die Rüstungsriesen Rheinmetall & Co. Und für die USA wird es Zeit, dass endlich einmal ein echter Demokrat und Menschenfreund Präsident wird. Auf dass Bernie den orangen Mann ablöse! Schnell! Schließlich ist Sanders schon 77. 

Text: Marie-Therese Greiner-Adam

Foto: Amac Garbe

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