Mit „Ich möchte lieber nichts“, erschienen am 11. November 2024 im Dumont Verlag, lädt uns der Autor John von Düffel auf eine intensive Gedankenreise ein. Inspiriert von einer realen Begegnung, erzählt er von einem Wochenende mit Fiona, einer alten Kommilitonin. Was zunächst nach einem harmlosen Spaziergang durch Edinburgh klingt, entpuppt sich als tiefgründiger Dialog über Konsumverzicht, Veränderung und die Frage nach einem selbstbestimmten Leben.
Ein Wiedersehen voller Fragen und Widersprüche
Nach drei Jahrzehnten trifft der Autor Fiona wieder, die jüngste Tochter einer Arbeiterfamilie aus Glasgow. Damals studierten sie zusammen Philosophie an der University of Stirling, allerdings ohne eine enge Freundschaft zu pflegen. Dennoch hat Fiona einen bleibenden Eindruck hinterlassen – und sie tut es wieder. Während der Autor aus einer wohlhabenden norddeutschen Familie stammt, hat Fiona sich für einen radikalen Weg entschieden: Konsumverzicht. Ihr Ideal? Einfach sitzen, lesen und denken. Kein Luxus, kein Schnickschnack. Aber wie einfach ist das wirklich?
Auf dem Weg durch Edinburgh meiden sie die großen Einkaufsstraßen, laufen ans Meer und sprechen über Gott und die Welt. Fiona lehnt ab, zu essen oder zu trinken, was den Autor irritiert – und er insgeheim bewundert. Er fragt sich, wie lange jemand so leben kann und ob sie dabei wirklich so frei ist, wie sie behauptet. Warum er dieses Treffen wollte, weiß er selbst nicht genau. Vielleicht, um die inspirierenden Gespräche von damals wieder aufleben zu lassen. Vielleicht auch, um eigene Antworten zu finden.
Fiona beeindruckt ihn mit ihrer Klarheit und Direktheit. Ihre Worte sind provozierend, manchmal auch schmerzhaft wahr: „Nichtveränderung ist der Tod.“ Doch nicht alles dreht sich um Verzicht. Fiona spricht über Freiheit – die Freiheit im Denken, aber auch die Zwänge, die man sich selbst auferlegt. Der Autor, der gerade eine Schreibpause einlegt, fühlt sich herausgefordert: Wie lebt man ein gutes Leben? Und wie ehrlich ist er dabei mit sich selbst?
Eine Reise, die leise Spuren hinterlässt
John von Düffels Worte sind klar, leise, haben aber Wucht. Er ist seit diesem Jahr Intendant am ETA Hoffmann Theater Bamberg, schreibt aber auch Film- und Literaturkritiken. „Ich möchte lieber nichts“ ist ein Roman, der nicht laut wird, aber umso nachhaltiger nachklingt. Es ist kein Buch für Lesende, die schnelle Lösungen suchen. Stattdessen fordert es dazu heraus, mit Fiona und dem Autor die großen Fragen des Lebens zu durchdenken: Wie wichtig ist Freiheit? Was macht uns aus? Und wie schafft man es, im Einklang mit seinen Überzeugungen zu leben?
Manchmal hat man das Gefühl, selbst mit Fiona durch Edinburgh zu gehen, ihren Überzeugungen zuzuhören – und sich an ihr zu reiben. Es ist ein Roman für alle, die das Philosophische im Alltag suchen und nicht davor zurückschrecken, sich von einem Buch in Frage stellen zu lassen.
Text: Alexandra Caspar
Foto: Amac Garbe